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Theodor Eschenburg

Letzten Endes meine ich doch. Erinnerungen 1933-1999

Berlin: Siedler Verlag 2000; 286 S.; Ln., 39,90 DM; ISBN 3-88680-701-0
Den zweiten Teil seiner Erinnerungen konnte Eschenburg vor seinem Tod nicht mehr abschließen. Dieser Band entstand daher aus drei Quellen: einem Manuskript Eschenburgs, das die Zeit bis 1952 umfasst, seinem Entwurf, der bis in die 80er-Jahre reicht, und Mitte der 80er-Jahre geführten umfangreichen Interviews. Der von Hermann Rudolph edierte Text der Erinnerungen endet noch vor dem Regierungsantritt Helmut Kohls. Eschenburgs dezidierte Meinung zur Bundesrepublik in den 90er-Jahren kommt in drei anschließend abgedruckten Interviews aus den Jahren 1994 und 1997 zum Ausdruck. Eschenburg schildert seine während des Dritten Reichs ausgeübte Tätigkeit als Geschäftsführer eines Kartells von Verbänden der Kleinindustrie, die Knöpfe, Reißverschlüsse, Batterien u. ä. herstellten. Diese bedeutete zwar seinen Rückzug aus der Politik, so weit es das "Ringen um die Macht in Staat und Gesellschaft" (19) anging, erwies sich aber keineswegs als unpolitisch. In den Berichten über das Leben in Berlin, über gemeinsam mit Ludwig Erhard überstandene Bombennächte, die Schwierigkeiten, die ihm im Beruf entstanden, wird deutlich: "Das Versteckspielen in einem totalitären Staat hat unweigerlich etwas Deformierendes, und man mußte sehr viel Kraft aufwenden, um unbeschädigt daraus hervorzugehen." (38) "Nicht aufzufallen und schon gar nicht zu provozieren, wurde zu meiner Devise." (39) Nach 1945 wurde Eschenburg Flüchtlingskommissar bei Carlo Schmid in Tübingen und wirkte aktiv an der Schaffung des Landes Baden-Württemberg mit. Eschenburg nahm an der ersten und letzten Konferenz der Ministerpräsidenten der west- und ostdeutschen Länder teil, ein Ereignis, über das er sehr lebendig zu berichten weiß, wie auch über seine Erfahrungen mit der französischen Besatzungsmacht und seine späteren Begegnungen mit Adenauer. Als Pionier der Politikwissenschaft in Deutschland wurde Eschenburg Professor und später Rektor der Universität Tübingen und arbeitete über Jahrzehnte hinweg als Autor für "Die Zeit". Er war ein kritischer Beobachter der Bundesrepublik, der mit seinen pointierten Bewertungen - wie auch in diesem Band - nicht hinter dem Berg hielt.
Julia von Blumenthal (JB)
Prof. Dr., Institut für Sozialwissenschaften, Humboldt-Universität zu Berlin.
Rubrizierung: 1.3 Empfohlene Zitierweise: Julia von Blumenthal, Rezension zu: Theodor Eschenburg: Letzten Endes meine ich doch. Berlin: 2000, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/11768-letzten-endes-meine-ich-doch_14015, veröffentlicht am 01.01.2006. Buch-Nr.: 14015 Rezension drucken