Der 1999 in Tübingen verstorbene Professor für Politikwissenschaft Eschenburg gehörte zum Urgestein der deutschen Republik. 1904 in Kiel geboren, studierte er Nationalökonomie, war Geschäftsführer von Industrieverbänden, Stellvertreter des Innenministers von Württemberg-Hohenzollern, Staatsrat und Hochschullehrer. Als Spross einer der ältesten Patrizierfamilien Lübecks kannte er nicht nur die Buddenbrooks, sondern auch den Kaiser. Eschenburgs Leben war eng mit der Weimarer Republik verbunden. Bereits mit 24 Jahren war er Vertrauter des Reichskanzlers Gustav Stresemann, ein politischer Insider jener Umbruchszeit sozusagen. In diesem Teil seiner Erinnerungen, der bereits 1995 im Siedler Verlag erschienen ist und nun als Taschenbuch vorliegt, beschreibt Eschenburg nicht nur seine reiche Lebensgeschichte, sondern wird zum Chronisten der ersten Hälfte des 20. Jahrhunderts. In der Verknüpfung alltäglicher Lebenssituationen und politischer Ereignisse entsteht ein facettenreiches Sittengemälde. Der Subjektivität seiner historischen Einschätzungen ist sich der Wissenschaftler bewusst. Um etwas von dem Geist und dem Lebensgefühl dieser Jahre zu erfahren, sind seine Anekdoten und Schilderungen intellektuell und humoristisch aufschlussreicher als die Folianten der Historiographie. Eschenburg ist ein reflektierender Zeitzeuge par excellence. Inhalt: I. Lübeck als Lebensform; II. Stolz weht die Flagge Schwarz-Weiß-Rot; III. Im großen Krieg; IV. Erwachsenwerden in der Zeitenwende; V. Spätzle, Maultaschen und Mensuren; VI. An der besten Universität des Reiches; VII. Auf dem politischen Anstand in Berlin; VIII. Die Tragödie der Weimarer Republik.