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Oliver Schwarz

Erweiterung als Überinstrument der Europäischen Union? Zur Europäisierung des westlichen Balkans seit der EU-Osterweiterung

Baden-Baden: Nomos Verlagsgesellschaft 2010; 280 S.; 49,- €; ISBN 978-3-8329-5527-4
Diss. Duisburg-Essen; Gutachter: H.-J. Axt, T. Debiel. – Seit dem Ende des Kosovo-Kriegs 1999 versucht die EU, die Staaten des westlichen Balkans (Albanien, Bosnien-Herzegowina, Kosovo, Kroatien, Makedonien, Montenegro, Serbien) durch Reformvorgaben schrittweise an ihre Normen und Institutionen anzunähern. Der Erweiterungsprozess wird als strategisches Instrument eingesetzt, um Frieden, Demokratie und Wohlstand sicherzustellen. Doch Post-Konflikt-Herausforderungen innerhalb der sieben Staaten wie auch Hindernisse innerhalb der EU sorgen dafür, dass der Erweiterungsprozess in der Region alles andere als linear ist. Vor diesem Hintergrund untersucht der Autor die Dynamik, Faktoren und Struktur der EU-Erweiterungspolitik gegenüber dem westlichen Balkan von Mai 2004 bis Dezember 2009. Schwarz entwickelt ein synoptisches Analysemodell, das Elemente der bekannten integrationstheoretischen Ansätze kombiniert. Zur Erklärung der EU-Westbalkan-Beziehungen werden demzufolge insgesamt fünf Variablen analysiert: die europapolitische Ausrichtung der Westbalkanstaaten, deren Transformationsstand, die Erweiterungspolitik der EU-Mitgliedstaaten, die Politik der EU-Institutionen sowie – als „zusätzliche Politikvariablen“ – der EU-Verfassungsprozess und die sicherheitspolitische Lage in der Region. Die Ergebnisse zeigen die grundsätzliche Verschiedenheit des Erweiterungsprozesses im westlichen Balkan gegenüber den vorherigen Erweiterungsrunden. Bis auf das Jahr 2007 konstatiert Schwarz im gesamten Untersuchungszeitraum eine Abnahme der Dynamik des Prozesses – obwohl die Transformationsbilanz und die Zustimmung zur Erweiterung im Westbalkan grundsätzlich positiv gewesen wären. Ursache hierfür sei der konstitutionelle Reformprozess der EU und die Präferenz wichtiger westeuropäischer Staaten und EU-Institutionen (außer der Kommission) für Vertiefung anstelle von Erweiterung. Die Beziehungsstruktur zwischen EU und Westbalkan lasse sich als „flankierende Überbrückung“ (97) beschreiben: Dem aufgrund der Hindernisse entstehenden ungewissen Zeithorizont versucht die EU durch zusätzliche politische Angebote (Visaliberalisierung) zu begegnen. Schwarz liefert eine theoretisch durchdachte und fundierte Analyse.
Christian Haas (CHA)
M. A., Politikwissenschaftler.
Rubrizierung: 3.1 | 2.61 | 3.6 Empfohlene Zitierweise: Christian Haas, Rezension zu: Oliver Schwarz: Erweiterung als Überinstrument der Europäischen Union? Baden-Baden: 2010, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/33095-erweiterung-als-ueberinstrument-der-europaeischen-union_39541, veröffentlicht am 30.11.2010. Buch-Nr.: 39541 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken