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Michael März

Linker Protest nach dem Deutschen Herbst. Eine Geschichte des linken Spektrums im Schatten des "starken Staates", 1977-1979

Bielefeld: transcript Verlag 2012 (Histoire 32); 416 S.; 32,80 €; ISBN 978-3-8376-2014-6
Diss. Erfurt. – Das Verhältnis zum Staat hat eine zentrale Bedeutung für das strategische Selbstverständnis sozialer Bewegungen und wird – nicht nur aufgrund der Wechselseitigkeit dieses Verhältnisses – immer wieder neu bestimmt. Michael März identifiziert auf Seiten der Linken die Jahre 1977 bis 1979 als besonders wichtige Phase einer derartigen Neubestimmungsdynamik – dramatisch eingeleitet durch den Deutschen Herbst und die Beerdigung von Baader, Ensslin und Raspe. Diese Orientierungsphase nahm dabei ihren Ausgang in einer Krise der Linken, die wesentlich durch die Situation einer erheblichen, teils konfrontativen bis bürgerkriegsähnlichen Distanz zum Staat gekennzeichnet war. Davon ausgehend verbreitete sich jedoch zunehmend der Eindruck, dass diese Konfrontationsform den eigenen politischen Forderungen so nicht dienlich sei. Vielmehr schien das Gegenteil der Fall – die staatliche Seite wurde tendenziell gestärkt und gesellschaftlicher Fortschritt gehemmt. März analysiert jene anschließende Übergangs- und Orientierungsphase entlang von vier ausgewählten, bezeichnenderweise gewaltfreien Protestphänomenen der Jahre 1977 bis 1979. Zur Analyse dienen mikrogeschichtliche Techniken und die Methode der dichten Beschreibung des Ethnologen Clifford Geertz, um einzelne Protestereignisse als kulturelle und gesellschaftliche Ausdruckformen fassbar zu machen. März illustriert den Selbstvergewisserungsprozess der Initiatoren und Teilnehmer oben genannter Protestphänomene in ihrer Heterogenität und Widersprüchlichkeit, aber auch in ihrer Kooperationsfähigkeit. Produkt dieser Protestphänomene beziehungsweise der übergeordneten Dynamik der Neuorientierung der Linken war dabei die Entstehung eines alternativen Rückzug-Milieus. Darüber hinaus etablierte sich jedoch vor allem ein breites Bekenntnis zur freiheitlich-demokratischen Grundordnung – auch als Basis beziehungsweise Spielraum des eigenen emanzipativen Ansatzes. Insbesondere die letztgenannte (Neu-)Positionierung ist höchst beachtenswert, da sie bis heute die politische (Protest-)Praxis der Linken nachhaltig prägt.
Ingmar Hagemann (IHA)
Dipl.-Politologe, wiss. Mitarbeiter, Institut für Politikwissenschaft, Universität Duisburg-Essen.
Rubrizierung: 2.313 | 2.331 | 2.333 | 2.314 Empfohlene Zitierweise: Ingmar Hagemann, Rezension zu: Michael März: Linker Protest nach dem Deutschen Herbst. Bielefeld: 2012, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/35044-linker-protest-nach-dem-deutschen-herbst_42178, veröffentlicht am 03.05.2012. Buch-Nr.: 42178 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken