Skip to main content
Jörg Kruth

Erfahrungen japanischer Entwicklungszusammenarbeit in Nepal. Interessen, Entwicklungsziele und internationale Normen

Frankfurt a. M. u. a.: Peter Lang 2012; 236 S.; geb., 49,80 €; ISBN 978-3-631-62435-7
Jörg Kruth befasst sich mit den ideellen und politischen Grundlagen der japanischen Entwicklungshilfe am Beispiel der Unterstützung Nepals. Bemerkenswert ist, dass der Autor den Ursprung der maßgeblichen Theorien und Zielvorstellungen nicht im modernen Japan nach 1945 lokalisiert, sondern in der Mitte des 19. Jahrhunderts einsetzenden Meiji‑Zeit. Sie stehe für die kulturelle wie wirtschaftliche Öffnung des Landes und die explizit am Westen orientierte Modernisierung. Die die Entwicklungshilfe dominierenden Interessen, die Kruth herausarbeitet, zeigen sich allerdings deutlich an gegenwärtigen Bedürfnissen ausgerichtet. So wird darauf hingewiesen, dass Japan mit der Entwicklungshilfe seit dem Ende des Zweiten Weltkriegs stets auch eigene wirtschaftliche Interessen verfolgte, zumal ein Großteil der importierten Rohstoffe aus Entwicklungsländern stammt. „Der Hintergedanke japanischer Geberpraxis im Sinne eigener Rohstoffpolitik wird als ‚Ressourcen‑Diplomatie’ bezeichnet.“ (53) Außerdem sollte mit der Entwicklungshilfe das internationale Ansehen des Landes verbessert und politischem Druck begegnet werden. Als besonders charakteristisch für die Umsetzung hebt Kruth hervor, dass die japanische Entwicklungshilfe lange nur eine staatliche war, die projektbezogen gewährt wurde und vor allem im Transfer von Mitteln und Personal bestand – die konkrete Unterstützung wurde zudem oftmals durch japanische Fremdfirmen geleistet. Für die Empfänger hatte diese Politik zum Nachteil, dass sie nicht über mittel‑ oder langfristige Planungen informiert wurden. Für die Gegenwart ist von Bedeutung, dass seit 1989 auch nichtstaatliche Akteure so gefördert werden, dass sie eigene Entwicklungsarbeit leisten können. Leider ist die gesamte Analyse sehr sperrig abgefasst, ein ordentliches Lektorat hätte die Lesbarkeit sicher deutlich erhöhen können. Dies trifft insbesondere auf die Teile zu, in die Kruth die Erkenntnisse seiner Feldforschungsaufenthalte in Japan und Nepal einfließen lässt. So aber muss man sich die interkulturellen Missverständnisse zwischen japanischen Gebern und nepalesischen Nehmern, die sich offenbar nicht widerspruchslos ihnen fremde Strukturen überstülpen lassen wollen, mühsam herauslesen – das ist bedauerlich, zumal die konkreten Schwierigkeiten kleinerer NGOs ein durchaus spannendes Thema sind. Kruth attestiert der japanischen Entwicklungshilfepolitik schließlich, Teil der Moderne zu sein und sich nicht sonderlich von der des Westens zu unterscheiden. Deutlich formuliert wird der Wunsch, die Entwicklungshilfe möge sich doch offener auf die Bedürfnisse der Empfänger einstellen.
Natalie Wohlleben (NW)
Dipl.-Politologin, Redakteurin pw-portal.de.
Rubrizierung: 4.44 | 4.22 | 2.68 Empfohlene Zitierweise: Natalie Wohlleben, Rezension zu: Jörg Kruth: Erfahrungen japanischer Entwicklungszusammenarbeit in Nepal. Frankfurt a. M. u. a.: 2012, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/35708-erfahrungen-japanischer-entwicklungszusammenarbeit-in-nepal_43119, veröffentlicht am 28.02.2013. Buch-Nr.: 43119 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken