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Annett Biernath

Die Meinungs- und Pressefreiheit in der Türkei im Spiegel der EMRK

Berlin: Lit 2013 (Deutsch-Türkisches Forum für Staatsrechtslehre 10); XVIII, 484 S.; 54,90 €; ISBN 978-3-643-12035-9
Rechtswiss. Diss. Erfurt; Begutachtung: A. Scherzberg, H.‑J. Blanke. – Die Türkei hat in der Vergangenheit zahlreiche verfassungsrechtliche und einfachgesetzliche Reformen durchgeführt, um sich den Grundrechtsmaßstäben der Europäischen Union anzunähern. Und auch das Verfassungsreferendum vom September 2010 und die damit in Gang gesetzte Reformdebatte zielen darauf, die Rechtsordnung der Türkei an europäische Standards anzulehnen. Vor diesem Hintergrund untersucht Annett Biernath zwei Hauptprobleme der türkischen Rechtsordnung und fragt, inwieweit die Meinungs‑ und die Pressefreiheit verwirklicht sind. Als Maßstab dient ihr die Europäische Menschenrechtskonvention (EMRK), die als „materiell grundrechtlicher Mindeststandard“ (2 f.) der EU fungiert. Neben der gesetzlichen Festschreibung berücksichtigt die Autorin zudem exemplarisch die Verwaltungs‑ und Rechtsprechungspraxis, für deren Einschätzung sie empirische Erhebungen und Interviews vor Ort durchgeführt hat. Den Schwerpunkt der Arbeit bilden die Darstellung des Grundrechtsschutzes der EMRK sowie – spiegelbildlich dazu – die Analyse des Grundrechtssystems und insbesondere der Presse‑ und Meinungsfreiheit im Rahmen der türkischen Rechtsordnung. Als ein besonderes Charakteristikum stellt die Autorin das autoritäre, auf den kemalistischen Prinzipien des Nationalismus und Laizismus beruhende Konzept der derzeit gültigen Verfassung aus dem Jahr 1982 heraus, in der „die Grundrechte zu einer bloßen staatlichen Funktion degradiert wurden“. Die Menschenrechte „werden nur noch geachtet und bilden demnach nicht mehr das Fundament des Staates, sondern stehen neben der Durchsetzung öffentlicher Interessen“ (264). Zwar habe es Verfassungsänderungen und umfangreiche Reformen einfacher Gesetze im Bereich der Meinungs‑ und Pressefreiheit gegeben, die als weitgehend konventionskonform bezeichnet werden können, schreibt Biernath, doch das „autoritäre Gesamtgepräge ließ sich nicht völlig reformieren“ (443). Ein weiteres gravierendes Defizit stelle der starke Einfluss des Militärs auf die Judikative, Legislative und Exekutive dar.
Anke Rösener (AR)
Dipl.-Politologin, Redakteurin pw-portal.de.
Rubrizierung: 2.63 | 2.22 | 4.42 Empfohlene Zitierweise: Anke Rösener, Rezension zu: Annett Biernath: Die Meinungs- und Pressefreiheit in der Türkei im Spiegel der EMRK Berlin: 2013, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/36256-die-meinungs--und-pressefreiheit-in-der-tuerkei-im-spiegel-der-emrk_44331, veröffentlicht am 02.10.2013. Buch-Nr.: 44331 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken