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Mark Mazower

Die Welt regieren. Eine Idee und ihre Geschichte von 1815 bis heute. Aus dem Englischen von Ulla Höber und Karin Wördemann

München: C. H. Beck 2013; 464 S.; 27,95 €; ISBN 978-3-406-64869-4
Ausgehend von den internationalistischen Friedensbewegungen des frühen 19. Jahrhunderts entwirft Mark Mazower eine Ideengeschichte, die sich nicht am Pazifismus, sondern an Machtfragen orientiert. Es geht nicht darum, die Welt zu befrieden, sondern sie zu regieren – das heißt auch: Konflikte in das System zu integrieren, sie aber möglichst einer politischen oder juristischen Lösung zuzuführen. Als einigende Kräfte erwiesen sich das Recht und die Wissenschaft, aber auch machtbewusste Politiker wie beispielsweise Winston Churchill. Mazower stellt unsere heute bestehenden internationalen Organisationen in den Kontext „der Autorität von Naturwissenschaft und Technik in der Mitte des 19. Jahrhunderts“ (106) und behält stets die US‑Außenpolitik in ihrem Wandel von Isolation, Weltregent und Multilateralismus im Fokus. Dabei zeichnet der Autor seine politische Geschichte der Ideen und Utopien nicht nur anhand ihrer handelnden Personen (wie Giuseppe Mazzini, Karl Marx und William Randal Cremer) nach, sondern bezieht etwa auch futuristische Romane in seine Analyse mit ein, denn „sie bezeichnen vielleicht besser als jedes andere Genre ‚ein neues Ideensystem‘“ (41). Im Mittelpunkt dieser über zwei Jahrhunderte gespannten Untersuchung stehen europäische und US‑amerikanische Akteure, die die Welt formten, wie Mazower sie heute vorfindet. Dabei behält er jedoch die Problematik des Eurozentrismus, der sich vor allem als „Zivilisationsstandard“ (83) äußerte, der Afrika ebenso wie Asien vom (Kriegs‑)Recht ausschloss, gekonnt im Blick. Ohne Naivität und Euphemismus erzählt Mazower von einer großen Idee und sieht sich am Ende seines Buches von ihrer Verwirklichung doch entfernter denn je. Nicht ohne Resignation schließt er nach dem Eingeständnis vom Scheitern sowohl der amerikanischen wie auch europäischen Vorstellungen: „Die Idee einer Weltregierung ist ein Traum von gestern“ (430).
Tamara Ehs (TE)
Dr. phil., Politikwissenschaftlerin am IWK Wien und Lehrbeauftragte an der Universität Salzburg (http://homepage.univie.ac.at/tamara.ehs/)
Rubrizierung: 4.1 | 4.2 | 4.3 | 4.43 Empfohlene Zitierweise: Tamara Ehs, Rezension zu: Mark Mazower: Die Welt regieren. München: 2013, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/36534-die-welt-regieren_44661, veröffentlicht am 19.12.2013. Buch-Nr.: 44661 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken