Skip to main content
Internationale Marx-Engels-Stiftung (Hrsg.)

Marx-Engels-Jahrbuch 2012/13

Berlin: Akademie Verlag 2013; 329 S.; 59,95 €; ISBN 978-3-05-006080-4
„Je ne suis pas Marxiste“, dieser oft zitierte Ausspruch, mit dem sich Karl Marx vom entstehenden Marxismus absetzte, war kein launiges Bonmot; auch lehnte er, wie Michael Heinrich in Erinnerung ruft, die Behauptung ab, ein „‚sozialistisches System‘“ aufgestellt zu haben. Dagegen schrieb er im Vorwort des ersten Bandes des Kapitals: „‚Jedes Urtheil wissenschaftlicher Kritik ist mir willkommen‘“ (144). Das Jahrbuch nimmt, ganz seiner eigenen Publikationslinie folgend, ihn beim Wort, ignoriert den Marxismus und dessen sozialistische Folgeerscheinungen und verortet Marx als Theoretiker, der stark von seiner Zeit geprägt war. Themenschwerpunkt ist dabei in dieser Ausgabe „Der Abschluss der ‚Kapital‘‑Abteilung der Marx‑Engels‑Gesamtausgabe (MEGA)“. Der Beitrag von Heinrich illustriert gut, worum es dabei geht: um die Publikationsgeschichte nebst der Erkenntnis, „dass die gängigen Kapital‑Ausgaben in einer Textgestalt vorliegen, die Marx nicht einmal gekannt hat“ (146). Heinrich wirft einen aufschlussreichen Blick auf den Entstehungsprozess der Marx’schen Argumentationen und damit seine Schwierigkeiten, für ökonomische Prozesse plausible Erklärungen zu finden. Zentral ist in diesem Beitrag die Frage, „in welcher Hinsicht das Kapital unfertig geblieben ist“ (166). Die Antwort siedelt keineswegs nur im quantitativen Bereich; Heinrich erläutert vor allem unter Hinweis auf die Krisen‑ und Kredittheorie, dass das Kapital auch qualitativ unvollständig ist. Vor diesem Hintergrund ist sicher die Bedeutung der Marx‑Engels‑Gesamtausgabe zu sehen, mit der das vollständige schriftliche Erbe von Marx und Engels vorgelegt wird und zu der von Marx gewünschten wissenschaftlichen Kritik einlädt. Weitere Beiträge kreisen um diesen Bereich, außerdem wird dem Verbleib von Handschriften aus dem SPD‑Archiv nachgeforscht sowie den Kontakten, die Engels zu einem in die USA ausgewanderten Neffen unterhielt. Informativ ist der Hinweis auf das Webprojekt „MEGAdigital“, mit dem das Marx’sche Werk zugänglich gemacht wird. Und nicht ohne Stolz wird schließlich noch einmal verkündet, dass das Kommunistische Manifest und der erste Band des Kapitals von der UNESCO in das Weltregister des Dokumentenerbes „Memory of the World“ aufgenommen worden sind.
Natalie Wohlleben (NW)
Dipl.-Politologin, Redakteurin pw-portal.de.
Rubrizierung: 5.15.33 Empfohlene Zitierweise: Natalie Wohlleben, Rezension zu: Internationale Marx-Engels-Stiftung (Hrsg.): Marx-Engels-Jahrbuch 2012/13 Berlin: 2013, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/36999-marx-engels-jahrbuch-201213_44845, veröffentlicht am 24.04.2014. Buch-Nr.: 44845 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken