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Theresia Theurl (Hrsg.)

Europa am Scheideweg

Berlin: Duncker & Humblot 2013 (Schriften des Vereins für Socialpolitik. NF 338); 178 S.; 76,90 €; ISBN 978-3-428-14209-5
Europa am Scheideweg – mal wieder. Die Krisenbewältigungsversuche in der Europäischen Union, von denen Kritiker nicht zu Unrecht meinen, sie seien neoliberal inspiriert, erstrecken sich nun schon über viele Jahre – weswegen man, etwa wie Wolfgang Streeck meint, von Reformen nur noch in Anführungszeichen sprechen dürfe. Es ist also Zeit zu fragen, welche „weitreichenden integrationspolitischen Weichenstellungen“ (6) jenseits bereits getroffener Maßnahmen in der EU aktuell erforderlich sind. Getragen von der Sorge über die Fortexistenz des politischen Projekts Europa kommen dabei sehr unterschiedliche Aspekte zur Sprache – angefangen bei Fragen der Energiepolitik über Erörterungen zur institutionellen Konvergenz der Mitgliedstaaten bis hin zur – man mag es in diesen Zeiten gar nicht mehr glauben – Auseinandersetzung über die Finalität der EU. Wernhard Möschel wagt sich an dieses seit Joschka Fischers Rede an der Humboldt‑Universität zu Berlin vor über zehn Jahren ziemlich tote Thema der finalité européenne heran, indem er zunächst konkretisierende Argumente für die Vertiefung der EU zusammenstellt. Dabei haben das klassische Friedens‑ sowie das Binnenmarktthema genauso Platz wie zahlreiche nationale Erzählungen. Wenn es jedoch um die Frage geht, wie genau es denn zu einem Bundesstaat, einem Europa der Regionen oder einer Bankenunion – all das sind institutionelle Modelle, die ebenfalls in der Diskussion stehen – kommen soll, bleibt für Möschel nicht viel mehr als die normative Kraft des Faktischen. Integration ad hoc empfiehlt sich dort, wo sie und so tief sie möglich ist – Finalität ist dann das, was am Ende dabei herauskommt. Wenn das dann im Zweifelsfall mehr Europa wäre, wäre – so Möschels Einschätzung, allen geholfen, die heute noch unter einer „zu laschen Bankenaufsicht oder Kumpanei zwischen Staat und Bankwirtschaft“ (43) leiden. Alle Beiträge gehen zurück auf die Jahrestagung des Wirtschaftspolitischen Ausschusses des Vereins für Socialpolitik, der im März 2013 an der Heinrich‑Heine‑Universität in Düsseldorf tagte.
Matthias Lemke (LEM)
Dr. phil., Politikwissenschaftler (Soziologe, Historiker), wiss. Mitarbeiter, Institut für Politikwissenschaft, Helmut-Schmidt-Universität Hamburg.
Rubrizierung: 3.53.2 Empfohlene Zitierweise: Matthias Lemke, Rezension zu: Theresia Theurl (Hrsg.): Europa am Scheideweg Berlin: 2013, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/37009-europa-am-scheideweg_45313, veröffentlicht am 24.04.2014. Buch-Nr.: 45313 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken