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Jürgen Kocka

Geschichte des Kapitalismus

München: C. H. Beck 2013 (C. H. Beck Wissen in der Beck'schen Reihe 2783); 144 S.; 8,95 €; ISBN 978-3-406-65492-3
Auch wenn der Begriff Kapitalismus erst in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts – und dann vielfach in kritischer Absicht – gebräuchlich wurde, reicht das Phänomen kapitalistischer Aktivitäten, wie Jürgen Kocka in seiner kompakten „Geschichte des Kapitalismus“ zeigt, mindestens bis in das Mittelalter zurück. Um auch frühe Formen erfassen zu können, legt er seiner Studie – unter Rückgriff auf Marx, Weber und Schumpeter – eine weite Arbeitsdefinition zugrunde, die drei Elemente hervorhebt. Kapitalismus beruht demnach auf individuellen Eigentumsrechten und dezentralen Entscheidungen rationaler Akteure; zentral ist dabei die – Arbeitsteilung und Geldwirtschaft voraussetzende – Handlungskoordination über Märkte; schließlich gehört ein spezifischer Habitus zum kapitalistischen Wirtschaften, der über die Investition und Reinvestition von gegenwärtigen Erträgen auf künftige Profite ausgerichtet ist. Zwar versteht Kocka Kapitalismus als weltweite Erscheinung, aber weil dieser in langen Phasen seiner Entwicklung ein westliches Phänomen war, bezieht sich die Darstellung hauptsächlich auf nordamerikanische und europäische Verhältnisse. Mit Blick auf die weltweite Durchsetzung des Kapitalismus konzentriert sich Kocka auf drei Schwerpunkte. Zunächst geht es um die Entwicklung des Kaufmannskapitalismus zwischen 500 und 1500 in China, Arabien und – mit einiger Verzögerung – in Europa. Die Expansion kapitalistischer Aktivitäten bis zur Ausbildung des modernen Kapitalismus im Sinne Webers bezieht sich auf den Zeitraum von 1500 bis etwa 1800; Kocka diskutiert hier ebenso Kolonialismus und Plantagenwirtschaft wie Aktiengesellschaften und den kulturellen Kontext der Aufklärung. Der dritte Teil umreißt vom 19. bis zum Beginn des 21. Jahrhunderts den Aufstieg des Industrie‑ und dann den des Finanzkapitalismus; als spezifische Probleme werden der Strukturwandel der Lohnarbeit und das Spannungsverhältnis zwischen Markt und Staat behandelt. Im abschließenden Ausblick betont Kocka ebenso die Vielzahl gesellschaftlicher Fortschritte, die ohne den Kapitalismus nicht möglich gewesen wäre, wie die Notwendigkeit aktueller Kapitalismuskritik.
Thomas Mirbach (MIR)
Dr., wiss. Mitarbeiter, Lawaetz-Stiftung Hamburg, Lehrbeauftragter, Institut für Politische Wissenschaft, Universität Hamburg.
Rubrizierung: 2.22 | 4.43 | 2.2 Empfohlene Zitierweise: Thomas Mirbach, Rezension zu: Jürgen Kocka: Geschichte des Kapitalismus München: 2013, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/37147-geschichte-des-kapitalismus_44707, veröffentlicht am 05.06.2014. Buch-Nr.: 44707 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken