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Kai Eicker-Wolf / Gunter Quaißer / Ulrich Thöne (Hrsg.)

Bildungschancen und Verteilungsgerechtigkeit. Grundlagen für eine sachgerechte Bildungs- und Finanzpolitik

Marburg: Metropolis-Verlag 2013; 221 S.; 24,80 €; ISBN 978-3-7316-1018-2
Die Autoren der Arbeitsgruppe Bildungsfinanzierung der Gewerkschaft Erziehung und Wissenschaft (GEW) liefern wertvolle Anstöße zu ihrem Thema – auch wenn der Band durch die Reihenfolge der Beiträge zunächst den Eindruck einer anderen thematischen Schwerpunktsetzung erweckt. Die Stoßrichtung gegen den volkswirtschaftlichen Mainstream liegt dabei auf der Hand. So richtet sich Stephan Schulmeister mit seinem Beitrag gegen die Dominanz der „neoliberal‑monetaristischen Wirtschaftstheorie“ und deren Vorstellung einer „exakten Naturwissenschaft“ (15). Auch Analogieschlüssen „vom Privathaushalt auf den Staatshaushalt“ (16) erteilt er eine klare Absage. Stattdessen zeigt er unter Verwendung diverser Grafiken anschaulich auf, dass der „Finanzierungssaldo des Staates [...] in Interaktion mit den Salden der anderen Sektoren“ (47) – auch im Falle restriktiver Verschuldungsverbote – in ständiger Veränderung begriffen ist. Daraus leitet er die Forderung nach einem „New Deal“ (57) ab, bei dem Bildungsinvestitionen erstmalig Erwähnung finden. Die beiden folgenden Aufsätze unterstreichen diese Argumentation durch Detailanalysen zu zwei finanzpolitischen Spezialthemen: der Verteilung des Reichtums einerseits und der Problematik der 2009 in der Bundesrepublik eingeführten Schuldenbremse andererseits. Gerade Kai Eicker‑Wolf und Achim Truger befürchten durch die Schuldenbremse – auch im Bildungsbereich – eine „Unterlassung von Ersatzinvestitionen“ (120), zumal die öffentliche Investitionsquote seit den 1970er‑Jahren gesunken ist. Die Folgebeiträge wenden sich dann explizit Fragen der Bildungspolitik zu. So diskutiert Cornelia Heintze kritisch internationale Finanzvergleiche im Bildungssektor. Sie verweist in diesem Kontext zu Recht auf die Schwierigkeit, „national unterschiedliche Bildungskulturen vergleichbar machen“ (139) zu wollen. Denn Vergleiche, wie sie von UNESCO, OECD und EUROSTAT durchgeführt werden, setzen eigentlich die Verständigung auf einen einheitlichen Bildungsbegriff voraus. Andernfalls müssen sie sich an den formalen In‑ und Outputs von Bildungsprozessen sowie entsprechender Institutionen orientieren. Ob sich „die deutsche Politik“ (158) einer solchen bedarfsorientierten Zielformulierung tatsächlich verweigert, scheint fragwürdig. Denn schließlich wird Bildungspolitik in der Bundesrepublik von mindestens 17 zentralen staatlichen Akteuren formuliert. Dabei bestehen bereits im Kreis von Bund und Ländern grundlegende Probleme der wechselseitigen Rechenschaftslegung über getätigte Bildungsausgaben. Dass private Benchmarking‑Aktivitäten, wie der Bildungsmonitor der Initiative Neue Soziale Marktwirtschaft, keinen adäquaten Ersatz bilden, zeigt Tobias Kaphegyi anschaulich auf.
Henrik Scheller (HS)
Dr. phil., Dipl.-Politologe, wiss. Mitarbeiter, Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Fakultät, Lehrstuhl Politik und Regieren in Deutschland und Europa, Universität Potsdam.
Rubrizierung: 2.3432.263 Empfohlene Zitierweise: Henrik Scheller, Rezension zu: Kai Eicker-Wolf / Gunter Quaißer / Ulrich Thöne (Hrsg.): Bildungschancen und Verteilungsgerechtigkeit. Marburg: 2013, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/37323-bildungschancen-und-verteilungsgerechtigkeit_45199, veröffentlicht am 24.07.2014. Buch-Nr.: 45199 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken