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Wolfgang Erich Müller

Konzeptionen der Gerechtigkeit. Entwicklungen der Gerechtigkeitstheorie seit John Rawls

Stuttgart/Berlin/Köln: Verlag W. Kohlhammer 2014 (Ethik – Grundlagen und Handlungsfelder 7); 256 S.; 34,99 €; ISBN 978-3-17-022501-5
Weil die Frage nach der Gerechtigkeit in der politischen Ethik virulent ist und es dementsprechend viele aktuelle Entwürfe gibt, erscheint diese Übersicht über die gegenwärtige Debattenlage zur richtigen Zeit. Wolfgang Erich Müller macht den großen Entwurf des liberalen Denkers John Rawls zum Kern seiner Darlegung. Zuvor wird in die philosophischen Klassiker (Platon, Aristoteles, Locke, Kant, Mill) eingeführt; der gründlichen Darlegung von Rawls folgt das Referat vieler zeitgenössischer Entwürfe, die von Müller thematisch hilfreich gegliedert werden. Sodann wird die Debatte über den Kontraktualismus referiert: Muss Gerechtigkeit in nachmetaphysischen Zeiten mit Rawls auf einen Gesellschaftsvertrag zurückgeführt werden oder gibt es andere Ansätze – wie die der Befähigung von Menschen (Nussbaum, Sen) –, die es zu fördern gilt? Dargestellt wird anschließend die Kontroverse zwischen Liberalismus und Kommunitarismus (unter anderem: Sandel, Walzer, Forst); hier geht es um die Frage, ob der Inhalt von Gerechtigkeit kulturspezifisch ist und daher nur im Geltungsraum einer Gesellschaft oder Kultur bestimmt werden kann. Die Diskussion, inwieweit Gerechtigkeit und Gleichheit (Egalitarismus) identisch sind (beispielsweise: Gosepath, Dworkin), und der Streit über das Verhältnis zwischen persönlicher Freiheit und regulierender Gerechtigkeit (Nozick, Kersting) runden die umfassende Darstellung ab. Am Ende greift Müller auf Paul Ricoeur zurück, um seinen eigenen Ansatz zu profilieren. Demnach fußt die politische Suche nach Gerechtigkeit in der persönlichen Ausrichtung auf das gute Leben und in der Fürsorge für Andere, sodass im strittigen Einzelfall der Rückgriff auf die Billigkeit zu einem Kompromiss führen kann. Leider handelt es sich insgesamt weitgehend um allzu detailreiche Referate dieser sehr gut ausgewählten Entwürfe, sodass die Erstinformation erdrückend ausfällt, das versierte Fachpublikum hingegen mehr Analyse erwartet.
Volker Stümke (VS)
Dr., evangelischer Theologe, Priv.-Doz. für evangelische Sozialethik, Führungsakademie der Bundeswehr Hamburg.
Rubrizierung: 5.42 | 5.46 Empfohlene Zitierweise: Volker Stümke, Rezension zu: Wolfgang Erich Müller: Konzeptionen der Gerechtigkeit. Stuttgart/Berlin/Köln: 2014, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/37427-konzeptionen-der-gerechtigkeit_45442, veröffentlicht am 21.08.2014. Buch-Nr.: 45442 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken