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Alexandra Bartels / Tobias von Borcke / Markus End / Anna Friedrich (Hrsg.)

Antiziganistische Zustände 2. Kritische Positionen gegen gewaltvolle Verhältnisse

Münster: Unrast 2013; 358 S.; 19,80 €; ISBN 978-3-89771-518-9
Mit dem Sammelband richten sich die Autorinnen und Autoren gegen die „Stigmatisierung und Verfolgung von Menschen, die als ‚Zigeuner‘ fremd identifiziert werden“ und verstehen ihre Beiträge „als Bestandteil einer umfassenden Gesellschaftskritik“ (8). Sie verfolgen damit einen interdisziplinären Ansatz, um Antiziganismus als soziales Phänomen zu analysieren und ihn damit „theoretisch wie in der Praxis zu bekämpfen“ (18). Alexandra Bartels eröffnet den Band mit einer Diskussion um die Diskriminierung, die sich aus der Verwendung des Begriffs „Zigeuner“ ergibt. Sie erläutert, dass das Wort bereits von Anfang an auch als soziale Kategorisierung und somit als Mittel der Ausgrenzung verwendet wurde: Das „Wort selbst war durch die Jahrhunderte hinweg Bezeichnung für als deviant Erachtete und zu Exkludierende“ (26). Gleichzeitig warnt Bartels vor einem unreflektierten Ersatz der Bezeichnung „Sinti und Roma“, da diese „häufig in ebenso ressentimentbehafteter Manier“ (34) verwendet werde. Die wenigsten Angehörigen der Mehrheitsgesellschaft würden schließlich die Unterschiede zwischen den Gruppen kennen. Die „Sensibilisierung für Sprache und ihre Wirkungsweisen“ erscheint der Autorin daher als wichtiger Schritt. Im Folgenden werden konkrete Beispiele für antiziganistische Diskriminierungen und Übergriffe in Europa aufgeführt. Stephan Geelhar, Ulrike Marz und Thomas Prenzel beispielsweise analysieren die Ausschreitungen in Rostock‑Lichtenhagen im August 1992 hinsichtlich ihrer antiziganistischen Komponente. Die Flüchtlinge aus dem ehemaligen Jugoslawien und Rumänien wurden im öffentlichen Diskurs zu Sündenböcken gemacht, die nicht etwa die Opfer, sondern die Ursache für die unhaltbaren Zustände rund um die Zentrale Aufnahmestelle für Asylbewerber wären. Die angebliche „Zigeunerkriminalität“ (155) fand immer mehr Wiederhall in der Presse. Selbst nach den Gewaltexzessen hörten die Schuldzuweisungen gegen die vermeintlich unangepassten Sinti und Roma nicht auf. Laut dem Autorenteam mangelt es immer noch an einer reflektierten Auseinandersetzung: „An Interesse und Empathie gegenüber den Opfern des antiziganistischen Ressentiments und der damit legitimierten Gewalt in Rostock‑Lichtenhagen fehlt es bis heute.“ (161)
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Rubrizierung: 2.23 | 2.61 | 2.35 Empfohlene Zitierweise: Simone Winkens, Rezension zu: Alexandra Bartels / Tobias von Borcke / Markus End / Anna Friedrich (Hrsg.): Antiziganistische Zustände 2. Münster: 2013, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/37660-antiziganistische-zustaende-2_42563, veröffentlicht am 16.10.2014. Buch-Nr.: 42563 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken