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Christian Felber

Geld. Die neuen Spielregeln

Wien: Deuticke 2014; 304 S.; geb., 18,90 €; ISBN 978-3-552-06213-9
Christian Felbers Buch dürften eigentlich nur Utopisten rezensieren, die sich auf seinen Entwicklungsversuch einer neuen „demokratischen Geldordnung“ (15) voll und ganz einlassen können, um so die innere Geschlossenheit des Konzepts zu bewerten. Alle außenstehenden Kritiker werden hinreichende Punkte für einen Angriff auf diesen gesellschaftskritischen Großentwurf ausmachen. Für Felber ist klar, dass „die Herrschaft des Geldes“ beendet gehört, da das bestehende System „multipel dysfunktional“ und „durch und durch undemokratisch“ (11) sei. Deshalb bleibe allen „freien, vernünftigen und demokratisch gesinnten Menschen nichts anderes übrig, als sich aus der bequemen Passivität und achselzuckenden Hinnahme“ dieses „Unsystems“ (12) zu lösen. Felber schwebt dabei vor, dass die Bürgerinnen und Bürger in „partizipativen, dezentralen Prozessen“ die neuen Spielregeln für das Geldwesen und die Finanzwirtschaft diskutieren, um sie dann in „delegierten oder direkt gewählten nationalen Konventen“ (13) zu finalisieren. Auf diese Weise soll – so der Vorschlag – das gesamte Finanzsystem (Gelderzeugung, Kreditvergabe, Bankengeschäft und alle anderen Finanzdienstleistungen) zu einem „öffentlichen Gut“ (48) werden. So könne die von Felber als besonders problematisch angesehene Schöpfung von Buchgeld durch privatwirtschaftliche Banken unterbunden werden. Diese neuen Regeln für das Geldsystem sollen auf Sicherheit und Stabilität der Märkte und Staaten zielen. Ausgehend von der klassisch‑tradierten Vorstellung nationalstaatlicher Souveränität sind solche Überlegungen nicht unproblematisch, besteht doch ein ureigenes Monopol des Staates in der Ausgabe von Geld. Wie ein solches Monopol demokratisiert werden soll, scheint doch fragwürdig – zumal Felber selber die „unholistische Evolution des Geldsystems“ (15) und damit auf die besonderen Pfadabhängigkeiten dieses Prozesses verweist. Es ist schwer vorzustellen, wie Felber, auf kommunaler Ebene beginnend, mit einer Bottom‑up‑Konvents‑Bewegung das hochkomplexe globale Geflecht kommunizierender Röhren in der Geldwirtschaft derart umfassend reformieren und mit tradierten Pfaden brechen will. Da helfen leider auch die Hinweise auf positive Erfahrungen nicht, die die „Gemeinwohl‑Ökonomie‑Bewegung“ gemacht hat, deren Mitglied Felber ist und deren Ansatz er am Ende seiner Ausführung mit einem praktischen Fragebogen für die konkrete Organisation bewirbt. Bei aller Kritik kann man ihm allerdings zugutehalten, dass er ein paar wertvolle Gedankenanstöße für die Diskussion über unser Geldsystem bereithält, die in der Mainstream‑Debatte doch zu oft vernachlässigt werden.
Henrik Scheller (HS)
Dr. phil., Dipl.-Politologe, wiss. Mitarbeiter, Wirtschafts- und Sozialwissenschaftliche Fakultät, Lehrstuhl Politik und Regieren in Deutschland und Europa, Universität Potsdam.
Rubrizierung: 2.23.54.43 Empfohlene Zitierweise: Henrik Scheller, Rezension zu: Christian Felber: Geld. Wien: 2014, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/37670-geld_45526, veröffentlicht am 16.10.2014. Buch-Nr.: 45526 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken