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Theodor Heuss (Hrsg.)

Privatier und Elder Statesman. Briefe 1959-1963. Herausgegeben und bearbeitet von Frieder Günther

Berlin/Boston: Walter de Gruyter 2014 (Theodor Heuss. Stuttgarter Ausgabe: Briefe); 621 S.; 39,95 €; ISBN 978-3-598-25129-0
Langsam fiel er aus der Zeit – Theodor Heuss, der 1959 seine zweite Amtszeit als Bundespräsident beendete, mag sich zwar nicht grundsätzlich geändert haben. Die junge Bundesrepublik aber, der er beim Übergang von Diktatur zu Demokratie zweifelsohne geholfen hatte, beschleunigte sich in ihrer Modernisierung, es kam zu einer „‚Umgründung der Republik‘“, wie Herausgeber Frieder Günther in der Einleitung Manfred Görtemaker zitiert. „Seit etwa 1957 entwickelte sich allmählich eine kritische Öffentlichkeit heraus, die sich mit den Vorgaben einer allein von oben vorgegebenen, institutionalisierten Politik nicht länger abfinden wollte.“ (32) Und so identifiziert Günther die Interventionen Heuss‘ bei Qualitätszeitungen, um eine ihm genehme Berichterstattung zu erreichen, oder auch die anderweitigen Versuche, Verwandte zu begünstigen, denn auch als peinlich. Die Abgrenzung von Privatem und Öffentlichem sowie die Rollenfindung als Elder Statesman gestalteten sich für Heuss also schwierig, wie Günther einleitend auf der Basis der entsprechend für diese Edition ausgewählten Briefe nachvollzieht, die Heuss ganz gemäß der eigenen Gewohnheit auch als Altbundespräsident weiterhin fleißig schrieb – obwohl ihm die vielfältigen Ansinnen der Bürger explizit ziemlich auf die Nerven gingen. Dennoch verfasste er täglich im Durchschnitt acht Briefe. Aus dem Gesamtbestand von „über 10.500 recherchierten Heuss‑Briefen aus dem Zeitraum vom 16. September 1959, dem Tag seines Einzugs in Stuttgart, bis zum Tod am 12. Dezember 1963 […], die wiederum an 5.900 verschiedene Korrespondenzpartner gerichtet waren“ (19), wurden 200 ausgewählt, mit denen diese Editionsreihe abgeschlossen wird. Neben historisch nicht weiter bedeutsamen persönlichen Befindlichkeiten sind auch einzelne politische Anliegen nachzulesen, die für die weitere Entwicklung der Bundesrepublik von Bedeutung waren. Dazu zählt die Feststellung in einem der letzten Schreiben, gerichtet an Konrad Adenauer zum Ende von dessen Amtszeit: Heuss bezeichnet darin „die Herstellung diplomatischer Beziehungen“ zu Israel als „überreif“ (492).
Natalie Wohlleben (NW)
Dipl.-Politologin, Redakteurin pw-portal.de.
Rubrizierung: 2.32.313 Empfohlene Zitierweise: Natalie Wohlleben, Rezension zu: Theodor Heuss (Hrsg.): Privatier und Elder Statesman. Berlin/Boston: 2014, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/37707-privatier-und-elder-statesman_46085, veröffentlicht am 23.10.2014. Buch-Nr.: 46085 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken