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Peter Brandt / Detlef Lehnert (Hrsg.)

Ferdinand Lassalle und das Staatsverständnis der Sozialdemokratie

Baden-Baden: Nomos Verlagsgesellschaft 2014 (Staatsverständnisse 65); 247 S.; brosch., 34,- €; ISBN 978-3-8487-0488-0
Der Band kombiniert in drei Teilen „Positionsbestimmungen anhand von Lassalles Schlüsseltexten der 1860er Jahre“ (13), die sich durch seiner Zeit nahe Hintergrunds‑ und Querblicke auf Bezugsautoren auszeichnen, so die Vorbemerkung der Herausgeber, und weitere Perspektiven auf die Entwicklung nach 1945 eröffnen. Dabei geht es nicht um die bekannten historischen Details der Rolle Lassalles in der Arbeiterbewegung, sondern um seine politische Theorie und Position in den Strömungen der sozialdemokratischen Staatstheorie, die vor allem ein konflikt‑ und gesellschaftsbezogenes, aber zum Teil auch etatistisches Verständnis von Staat zum Fixpunkt hat: der Staat als genossenschaftlicher „idealer Gesamtverein“ (Thomas Welskopp, 90). Im ersten Teil wird dies anhand von Lassalles Texten zum Thema Demokratie und Wohlfahrtsstaat, zur Rechtsphilosophie und in den berühmten Verfassungsreden auch in der Auseinandersetzung mit Hegel und Marx entfaltet. Dabei zeigt sich etwa, dass der originäre Lassalle als 1848er „weder mit seiner Revolutionsorientierung noch dem auf seine Person zentrierten Organisationsmodell bereits in die Kontinuität der zukünftigen Massenpartei gestellt werden [kann]“ (Lehnert, 42). In Teil II werden Parallelen unter anderem zu August Bebel und Eduard Bernstein gezogen und Teil III ist dann der Rezeption nach 1945 – insbesondere bei Kurt Schumacher und im Godesberger Programm – gewidmet sowie dem Lassalle‑Bild in der DDR. Gerade aus Sicht der Reihe „Staatsverständnisse“ hätte man sich noch Beiträge zu weiteren sozial‑liberal‑demokratischen „Verfassungsrealisten“ wie Hans Kelsen, Ernst Fraenkel oder auch Karl Loewenstein gewünscht. Gleichwohl ist ein ausgezeichneter Band entstanden, dessen Verdienst – wie schon bei Lehnerts Buch über Hugo Preuß (Staatsverständnisse 46/2012, siehe Buch‑Nr. 42229) – es ist, Lassalle aus dem engen, dominanten Rezeptionskontext eines „Vater der Sozialdemokratie“ herauszulösen und ihm hiermit den Platz eines Klassikers des politischen Denkens zuzuweisen.
Robert Chr. van Ooyen (RVO)
Dr., ORR, Hochschullehrer für Staats- und Gesellschaftswissenschaften, Fachhochschule des Bundes Lübeck; Lehrbeauftragter am OSI der FU Berlin sowie am Masterstudiengang "Politik und Verfassung" der TU Dresden.
Rubrizierung: 5.332.3312.3112.3132.314 Empfohlene Zitierweise: Robert Chr. van Ooyen, Rezension zu: Peter Brandt / Detlef Lehnert (Hrsg.): Ferdinand Lassalle und das Staatsverständnis der Sozialdemokratie Baden-Baden: 2014, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/37712-ferdinand-lassalle-und-das-staatsverstaendnis-der-sozialdemokratie_46220, veröffentlicht am 23.10.2014. Buch-Nr.: 46220 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken