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Jens Steffek / Leonie Holthaus (Hrsg.)

Jenseits der Anarchie. Weltordnungsentwürfe im frühen 20. Jahrhundert

Frankfurt a. M./New York: Campus Verlag 2014 (Normative Orders 13); 310 S.; 34,90 €; ISBN 978-3-593-50087-4
Für gewöhnlich sind Jubiläumsjahre ein willkommener Anlass für allerlei Betrachtungen und Reflexionen. Bekannte und neue Zeitzeugnisse werden aus den denkbaren Blickwinkeln beleuchtet. Die Publikationslisten wachsen, die Feuilletons glänzen, Museen präsentieren sich und ihre Sammlungen. Der 100. Jahrestag des Ausbruchs des Ersten Weltkrieges ist so ein Beispiel und noch dazu eines mit globaler Dimension, bedenkt man die derzeitige mediale Aufbereitung. Dieses besondere Jubiläumsjahr ist die Gelegenheit, mit neuen Erkenntnissen aufzuwarten und überkommene Lehrmeinungen infrage zu stellen. Zumindest ist das die Aufgabe, der sich Jens Steffek und Leonie Holthaus stellen, indem sie die hier versammelten Autorinnen und Autoren einige der heute längst vergessenen Vordenker des politischen Idealismus des frühen 20. Jahrhunderts einer Neubewertung unterziehen lassen. Namen wie Norman Angell oder Alfred E. Zimmern sind, so die Intention von Steffek und Holthaus, zu Unrecht kaum bekannt, ihr politiktheoretischer Ertrag und ihre vom Zeitgeist des Aufbruchs in die Moderne motivierte Weltsicht wurde von den konkurrierenden Theorieschulen ignoriert oder verfälscht. Die von Ned Lebow in seinem Vorwort gezogene Parallele zur stalinistischen Geschichtsschreibung ist wohl als Zuspitzung gemeint, zumal Steffek und Holthaus Wert darauf legen, dass sie den Sammelband als Beitrag verstehen, um das Bewusstsein für disziplingeschichtliche Fragestellungen zu schärfen und die in den insgesamt zehn Beiträgen behandelten Vertreter des politischen Idealismus für die heutigen Debatten (neu) zu erschließen. Die vorgestellten Weltordnungsentwürfe mögen von klassischen Vorstellungen zu Macht und Herrschaft ausgehen und die Komplexität des Zusammenspiels von Partikularinteressen im internationalen System durch die koloniale beziehungsweise imperiale Brille beurteilt haben. Aber lesenswert sind sie allemal. Leider fehlt eine abschließende Bewertung. Auch ein Stichwortverzeichnis wäre sicherlich hilfreich gewesen. So bleibt es bei einer kurzweiligen, anregenden und informativen Momentaufnahme.
Martin Schwarz (MAS)
Dr., Politikwissenschaftler, wiss. Mitarbeiter, Institut für Sozialwissenschaften und Philosophie (ISP) an der Universität Vechta.
Rubrizierung: 4.1 Empfohlene Zitierweise: Martin Schwarz, Rezension zu: Jens Steffek / Leonie Holthaus (Hrsg.): Jenseits der Anarchie. Frankfurt a. M./New York: 2014, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/37720-jenseits-der-anarchie_45532, veröffentlicht am 30.10.2014. Buch-Nr.: 45532 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken