Skip to main content
Christoph Lindner

Die Effektivität transnationaler Maßnahmen gegen Menschenhandel in Europa. Eine Untersuchung des rechtlichen Vorgehens gegen die moderne Sklaverei in der Europäischen Union und im Europarat

Tübingen: Mohr Siebeck 2014 (Jus Internationale et Europaeum 87); XIX, 286 S.; brosch., 64,- €; ISBN 978-3-16-153043-2
Rechtswiss. Diss. Regensburg; Begutachtung: R. Uerpmann‑Wittzack, A. Graser. – Menschenhandel hat viele Gesichter: Zwangsprostitution, die Ausbeutung der Arbeitskraft, Zwangsheiraten oder illegale Organentnahmen sind einige seiner Erscheinungsformen. Bei aller Vielschichtigkeit stellt er immer eine Menschenrechtsverletzung dar. Daher haben sowohl die EU als auch der Europarat ihr rechtliches Vorgehen gegen den Menschenhandel intensiviert. Christoph Lindner fragt nach der Effektivität der ergriffenen Maßnahmen. Im Blickpunkt des ersten Abschnitts steht die Richtlinie 2004/81/EG über die Erteilung von Aufenthaltstiteln für Opfer von Menschenhandel in Europa sowie die Richtlinie 2011/36/EU zur Verhütung und Bekämpfung des Menschenhandels und zum Schutz seiner Opfer. Die Analyse des Rechtsaktes aus 2004 sowie deren Umsetzung lasse erhebliche Effektivitätsdefizite deutlich werden, so Lindner, weshalb er die Forderung nach einer Überarbeitung dieser Richtlinie unterstützt. Anders verhalte es sich mit der Richtlinie von 2011, die zu einer wirksamen Harmonisierung der Regelungen für die Strafbarkeit und Strafverfolgung von Menschenhandel in der Union geführt habe. Sie lege fest, dass der Versuch, die Anstiftung und Beihilfe zum Menschenhandel unter Strafe gestellt werden und setze mit ihren Regelungen progressive Standards. Zudem führe sie zwei wichtige Koordinationsmechanismen ein: zum einen das Amt einer EU‑Koordinatorin für das Vorgehen gegen den Menschenhandel und zum anderen das der nationalen Berichterstatter, die Daten sammeln und Entwicklungen in diesem Bereich beobachten. Der Vergleich der beiden Rechtsakte verdeutliche die positive Rolle des Europäischen Parlaments als Mitgesetzgeber, das bei der zweiten Richtlinie aufgrund des im Lissabonner Vertrag etablierten Mitentscheidungsverfahrens eingebunden gewesen sei. Im zweiten Teil des Buches geht es um die Maßnahmen des Europarates. Im Blickpunkt steht dabei die Konvention gegen den Menschenhandel, diese verortet Lindner als einen pan‑europäischen Zwischenschritt auf dem Weg von der wenig effektiven EU‑Richtlinie aus 2004 zur progressiveren aus 2011. Den mit der Konvention geschaffenen Überwachungsausschuss GRETA (Group of Experts on Action against Trafficking in Human Beings) hält Lindner für ein „innovatives Monitoring‑Organ“ (257). Lobend äußert er sich gegenüber der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte, der in einem Urteil einen Meilenstein hinsichtlich der Schutzpflichten von Staaten bei Menschenrechtsverletzungen durch Private gesetzt habe. Der staatliche Umgang mit dem Thema Menschenhandel habe sich im vergangenen Jahrzehnt zum Positiven gewandelt, lautet das Resümee.
Sabine Steppat (STE)
Dipl.-Politologin, Redakteurin pw-portal.de.
Rubrizierung: 4.42 | 4.3 | 3.5 Empfohlene Zitierweise: Sabine Steppat, Rezension zu: Christoph Lindner: Die Effektivität transnationaler Maßnahmen gegen Menschenhandel in Europa. Tübingen: 2014, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/37724-die-effektivitaet-transnationaler-massnahmen-gegen-menschenhandel-in-europa_45795, veröffentlicht am 30.10.2014. Buch-Nr.: 45795 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken