Skip to main content
Rainer Schmidt (Hrsg.)

Rechtspositivismus: Ursprung und Kritik. Zur Geltungsbegründung von Recht und Verfassung

Baden-Baden: Nomos Verlagsgesellschaft 2014 (Staatsverhältnisse 62); 220 S.; brosch., 34,- €; ISBN 978-3-8329-7649-1
Der Band, der mit Worten über die „Kosmopolitisierung der konstitutionellen Imagination“ (217) endet, löst mehr ein, als sein Titel verspricht. Denn die von Rainer Schmidt versammelten Autoren dokumentieren die Bandbreite des Rechtspositivismus nicht nur im Lichte der historischen Traditionslinien, sondern erörtern auch seine zeitgenössische Bedeutung und Wandlungsfähigkeit. Grundlegend für den modernen Rechtspositivismus sind gewiss die Betrachtungen durch Georg Jellinek und Hans Kelsen, denen entsprechend breiter Raum gewidmet ist. Oliver W. Lembcke beschreibt hierfür umfassend die Rigidität des Rechtspositivismus in der Frage der Rechtsgeltung und die Identität von Legalität und Legitimität nach Kelsen. Diese ausgreifende Darstellung von Kelsens Lehre erweist sich als notwendig, weil jede spätere Auseinandersetzung mit dem Rechtspositivismus – sei es nun durch H. L. A. Hart, Niklas Luhmann oder Gunther Teubner – stets auf Kelsen aufbaut. Schien der Rechtspositivismus nach dem Zweiten Weltkrieg vor allem mit Gustav Radbruchs Wehrlosigkeitsthese verpönt, findet er gerade in Zeiten der Globalisierung neue Anhängerschaft. Rainer Schmidt und Oliviero Angeli stellen in ihren Beiträgen dar, wie anschlussfähig insbesondere Kelsens positivistische Völkerrechtskonzeption für die Verfassung (in) der Weltgesellschaft und einen (künftigen) globalen Rechtspositivismus ist. Sie heben nicht zuletzt die Jurisdiktion hervor, die einen immensen Bedeutungszuwachs erfahren hat. War der Rechtspositivismus einst ein „wissenschaftlicher Juristenpositivismus“ (30), dann ein demokratischer Gesetzespositivismus, so ist er angesichts der Machtverschiebung zu den Höchstgerichten mittlerweile ein „Verfassungsgerichtspositivismus“, wie Matthias Jestaedt ihn schon 2002 nannte. Diese Feststellung markiert für die Forschung zur „Geltungsbegründung von Recht und Verfassung“ – so der Untertitel – ein weiteres Feld, weshalb dem Band eine diesbezügliche Fortsetzung zu wünschen ist. Vielleicht gelingt es den Herausgebern dann auch, nicht nur Wissenschafter zu versammeln, sondern auch Wissenschafterinnen zu Wort kommen zu lassen.
Tamara Ehs (TE)
Dr. phil., Politikwissenschaftlerin am IWK Wien und Lehrbeauftragte an der Universität Salzburg (http://homepage.univie.ac.at/tamara.ehs/)
Rubrizierung: 5.445.33 Empfohlene Zitierweise: Tamara Ehs, Rezension zu: Rainer Schmidt (Hrsg.): Rechtspositivismus: Ursprung und Kritik. Baden-Baden: 2014, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/37734-rechtspositivismus-ursprung-und-kritik_46165, veröffentlicht am 30.10.2014. Buch-Nr.: 46165 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken