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Nina Apin

Das Ende der EGO-Gesellschaft. Wie die Engagierten unser Land retten

Berlin: Berlin Verlag 2013; 223 S.; geb., 17,99 €; ISBN 978-3-8270-1159-6
In den vergangenen zehn Jahren hat das bürgerschaftliche Engagement deutlich zugenommen, über ein Drittel der Deutschen über 14 Jahre engagiert sich freiwillig. Nina Apin hinterfragt vor allem die Motive der Helfenden – Eigennutz, Selbstlosigkeit oder Weltverbesserung? Das Ehrenamt sei inzwischen mehr als „ein billiger Lückenbüßer für einen Sozialstaat im Sparmodus“ (17), doch was bedeutet es für die gegenwärtige Gesellschaft? Apin reiste auf der Suche nach Antworten quer durch Deutschland und sprach mit den „Engagierten von heute“ (24). Einer der höchsten Zuwächse an Freiwilligen erfolgte in der Sterbebegleitung. Apin interviewte einen sechzigjährigen Unternehmensberater, der ehrenamtlich Sterbende betreut, und gibt einen Überblick über die Hospizbewegung, deren Erfolg maßgeblich auf der Arbeit von unbezahlten Freiwilligen beruht. Allgemein im Sozial‑ und Gesundheitsbereich ist auffällig, dass etablierte Organisationen stark an Mitgliedern verlieren, „während andere, neu gegründete Initiativen […] sich vor Zulauf kaum retten können“ (45). Flexibilität und Raum für Mitbestimmung seien wichtige Bedingungen ehrenamtlicher Tätigkeit. Einige Beispiele, wie der Bürgerbus, der zehn oberbayerische Gemeinden verbindet, lösen neben der Bewunderung für Ideenreichtum und Tatkraft in der Öffentlichkeit auch Zweifel und Empörung aus: „Werden Ehrenamtliche missbraucht, um staatliche Aufgaben wahrzunehmen?“ Drohen sie, zum „Handlanger des Sozialabbaus zu werden und diesen so zu legitimieren?“ (78) Dagegen spricht nach Ansicht der Autorin, dass sich bürgerschaftliches Engagement vermehrt auch politischer Mittel bedient, um soziale Missstände zu beseitigen. Dies reicht von „urban gardening“ (84) bis hin zur Besetzung ganzer Wohnquartiere wie im Hamburger Gängeviertel. Die Aktivisten wollten nicht nur den Abriss der historischen Bauten verhindern, sondern protestieren mit ihren dort eingerichteten Galerien auch gegen die Hamburger Stadtentwicklung und die Wohnpolitik. Ihr Erfolgsgeheimnis ist „das moderate Auftreten und die heterogene Zusammensetzung der Gruppe“ (89), wodurch sie die Unterstützung der bürgerlichen Mitte genießen. Trotzdem bleiben Protestbewegungen häufig bewusst unberücksichtigt, wenn es um Freiwilligenengagement geht, so unter anderem im Engagementbericht des Bundesministeriums für Familie, Senioren, Frauen und Jugend. Die Beispiele Apins bestätigen die Ergebnisse des Freiwilligensurveys und anderer Studien: Die Engagierten werden nicht von einem ziellosen Aktionismus angetrieben, sondern von einer „vorpolitischen“ Vorstellung einer besseren Gesellschaft, von dem „Wunsch nach einer gerechteren Verteilung von Chancen, Wohlstand, Bildung und Gesundheit“ (204).
Simone Winkens (SWI)
M. A., Politikwissenschaftlerin, Online-Redakteurin.
Rubrizierung: 2.352.331 Empfohlene Zitierweise: Simone Winkens, Rezension zu: Nina Apin: Das Ende der EGO-Gesellschaft. Berlin: 2013, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/37795-das-ende-der-ego-gesellschaft_44980, veröffentlicht am 20.11.2014. Buch-Nr.: 44980 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken