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Jan Büchel

Fernsehen für Europa. Transnationale mediale Öffentlichkeit als kulturpolitischer Auftrag der EU

Frankfurt a. M. u. a.: Peter Lang 2013 (Studien zur Kulturpolitik 15); XVII, 246 S.; geb., 49,95 €; ISBN 978-3-631-62904-8
Kulturwiss. Diss. Hildesheim; Begutachtung: W. Schneider, M. Gehler. – Europa hat nach Ansicht des Regisseurs Wim Wenders eine Seele und diese ist nicht durch die Politik oder die Wirtschaft, sondern in erster Linie durch die Kultur geprägt. Zu Letzterer zählt Jan Büchel, der von einem erweiterten Kulturbegriff ausgeht, auch das Fernsehen. Dieses stelle Kultur her, verbreite sie und sei in einer Weise selbst Kultur. Als von den Bürger_innen in den Mitgliedstaaten am stärksten frequentiertes Medium zur Informationsgewinnung könne es maßgeblich zur Herstellung einer europäischen Öffentlichkeit beitragen. Doch bisher gebe es kein europäisches Fernsehen, vielmehr existierten lediglich Ansätze, Fernsehen mit einem transnationalen Anspruch in Europa zu machen. Büchel legt mehrere Vorschläge der Weiterentwicklung hin zu mehr europäischer Öffentlichkeit vor. Dabei fokussiert er einen multimedialen Ansatz – unter Einbeziehung des Internets. Zur Etablierung eines oder mehrerer europäischer Fernsehprogramme als Mittel zur Generierung europäischer Öffentlichkeit würde es sich anbieten, diese über Kabel oder Satellit anfänglich in Form von Programmfenstern auf nationalen öffentlich‑rechtlichen Vollprogrammen zu schalten und parallel dazu ein digitales Vollprogramm aufzubauen. Dieses Programm sollte sich auf die Lebenswirklichkeit der Bürger_innen beziehen und Hintergründe über die Europäische Union vermitteln, ohne jedoch ein Werbeprogramm für die EU sein. Ein Grunddilemma der EU bestehe darin, dass ihre positiven Errungenschaften zwar wahrgenommen würden, die Haltung ihr gegenüber jedoch oftmals durch Misstrauen geprägt sei. Um aber ein europäisches Narrativ zu entwickeln, müsse eine transnationale mediale Öffentlichkeit hergestellt werden. Debatten, die häufig noch rein nationale seien, müssten transnationalisiert werden und somit den Bürger_innen in den Mitgliedstaaten Raum für eine diskursive Auseinandersetzung jenseits nationaler Grenzen gegeben werden. Nach Meinung des Autors sind die nationalen Medienlandschaften dazu bisher jedoch nicht in der Lage, daher sollten auf europäischer Ebene Rahmenbedingungen geschaffen werden, um eine erfolgreiche transnationale mediale Kommunikation in Europa über Europa zu ermöglichen. Dann würde sich die Mehrheit der Europäer_innen vermutlich auch nicht mehr – wie in Eurobarometer‑Umfragen immer wieder deutlich wird – unzureichend über die Europäische Union und deren politisches System informiert fühlen. Büchel stützt seine Aussagen auf zahlreiche Gespräche mit EU‑Medienexpert_innen unterschiedlichster Bereiche; die vollständigen Interviews in ihrer transkribierten Textfassung finden sich auf einer CD‑ROM, die dem Buch beigefügt ist.
Sabine Steppat (STE)
Dipl.-Politologin, Redakteurin pw-portal.de.
Rubrizierung: 3.43.52.612.222.2632.333 Empfohlene Zitierweise: Sabine Steppat, Rezension zu: Jan Büchel: Fernsehen für Europa. Frankfurt a. M. u. a.: 2013, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/37801-fernsehen-fuer-europa_45699, veröffentlicht am 20.11.2014. Buch-Nr.: 45699 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken