Skip to main content
Steffen Hentrich / Sascha Tamm (Hrsg.)

Regeln für eine freie Gesellschaft. Ein James-Buchanan-Brevier

Zürich: Verlag Neue Zürcher Zeitung 2014 (Meisterdenker der Freiheitsphilosophie); 91 S.; brosch., 18,- €; ISBN 978-3-03823-924-6
In politikwissenschaftlicher Perspektive ist der Wirtschaftsnobelpreisträger James M. Buchanan (1919‑2013) für einen demokratietheoretischen Beitrag interessant, der, aus der politischen Ökonomie kommend, als Public‑Choice‑Theorie bekannt geworden ist. In dem zusammen mit Gordon Tullock 1962 erstmals veröffentlichtem Buch „The Calculus of Consent. The Logical Foundations of Modern Democracy“ sowie in dem 1975 von ihm alleine geschriebenen Band „The Limits of Liberty. Between Anarchy and Leviathan“ geht es jeweils um das richtige – sprich: das freiheitlichste – Verhältnis von Individuum und Gesellschaft, von Markt und Staat. Buchanans grundlegende Skepsis gegenüber der Politik und den in ihr tätigen Akteuren verwundert angesichts seiner eigenen Verankerung im modernen Neoliberalismus kaum. Als „Theorie des Staatsversagens“ (38) liefere die Public‑Choice‑Theorie auf Basis einer „individualistisch‑demokratischen Methodologie“ (13) eine – aus Buchanans Sicht – einleuchtende Antwort darauf, warum es nicht klug sei, „dem Fuchs [...] das Überwachen des Hühnerstalls zu überlassen“ (11). Im Kern bestehe das Problem darin, dass Politiker nicht frei von egoistischen Interessen seien, wenn sie sich um die Belange des Gemeinwohls kümmerten. Aus diesen Egoismen – etwa der Wunsch, unbedingt wiedergewählt werden zu wollen – erwüchsen für die Gesellschaft negative Effekte, die nur durch eine starke Verfassungsordnung einzudämmen seien. Regeln, wie sie von der Verfassung vorgeschrieben würden, avancierten damit zum zentralen Garanten für eine größtmögliche individuelle Freiheit in Gemeinschaft, die dann auch – und hier liegt eine spannende Akzentuierung angesichts gegenwärtiger neoliberaler Marktperversionen – langfristige Ziele als gemeinsame erreichbar werden lassen. Dass dabei die Frage eines für alle Bürger_innen gleichsam offenen Zugangs zum politischen Prozess theoretisch untergewichtet sein könnte, ist nur eine von vielen skeptischen Entgegnungen, die – folgt man dem Nachwort der Herausgeber – Buchanan selbst auch mit Blick auf die eigene Theorie immer wieder eingefordert hat. Interessant an den Textfragmenten Buchanans, die den Hauptteil des Bandes ausmachen, ist, dass sie durch die von den Herausgebern gewählten Überschriften eine gezielte thematische Suche und somit einen niederschwelligen Einstieg in die Auseinandersetzung mit Buchanans Werk ermöglichen. Einziger Wehrmutstropfen: Manche Textfragmente sind so kurz, dass der Kontext, dem sie entstammen, anderweitig erschlossen werden muss.
Matthias Lemke (LEM)
Dr. phil., Politikwissenschaftler (Soziologe, Historiker), wiss. Mitarbeiter, Institut für Politikwissenschaft, Helmut-Schmidt-Universität Hamburg.
Rubrizierung: 5.455.42 Empfohlene Zitierweise: Matthias Lemke, Rezension zu: Steffen Hentrich / Sascha Tamm (Hrsg.): Regeln für eine freie Gesellschaft. Zürich: 2014, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/37810-regeln-fuer-eine-freie-gesellschaft_46208, veröffentlicht am 20.11.2014. Buch-Nr.: 46208 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken