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Fredrik Roggan / Dörte Busch (Hrsg.)

Das Recht in guter Verfassung? Festschrift für Martin Kutscha

Baden-Baden: Nomos Verlagsgesellschaft 2013; 374 S.; 89,- €; ISBN 978-3-8487-0982-3
Warum steht ein Fragezeichen am Ende des Titels? Mit diesem Stilmittel glaubt das Herausgeberduo dem wissenschaftlichen Ansatz des Verfassungsrechtlers und Lehrers an der Hochschule für Wirtschaft und Recht Berlin, Martin Kutscha, gerecht zu werden. Denn nichts liege ihm ferner „als das Akzeptieren des (verfassungs‑)rechtlichen status quo“ (7) – vielmehr sei er vor allem am Diskurs interessiert. Seine breite Themenpalette spiegelt sich in dieser Festschrift, die 27 teilweise inspirierende Beiträge zu unterschiedlichen inhaltlichen Schwerpunkten enthält. Da Kutscha die Agenda 2010 und die Hartz‑Gesetze als „politische Sargnägel für den Sozialstaat“ (53) betrachtet, widmet sich Christoph Butterwegge Letzterem. Dieser werde „demontiert“, obwohl er angesichts der Individualisierung in der Gesellschaft notwendiger denn je sei. Ohne einen „generösen“ Sozialstaat gebe es in Zeiten des Finanzmarktkapitalismus keine Demokratie mehr. Nötig sei daher die Umgestaltung des Sozialstaates „im Sinne einer solidarischen Bürgerversicherung und eine systematische Umverteilung des privaten Reichtums von oben nach unten“ (62). Zum Themenbereich des Sozialstaates schreibt auch Karl‑Jürgen Bieback, der die Aufnahme sozialer Grundrechte in die Europäische Grundrechtecharta als einen „Schritt in die richtige Richtung der Entwicklung der EU hin zu einer sozialen Demokratie“ (52) betrachtet. In einem Abschnitt, der mit „Rechtsstaats‑ und Demokratiefragen“ überschrieben ist, beschäftigt sich Wolfgang Hecker mit den Verfahren der direkten Demokratie. Diese können „spezielle Gefährdungen für die Grundrechte und einzelne Minderheitsrechte“ (289) zur Folge haben, wie in der Schweiz im Hinblick auf Menschen mit Migrationshintergrund und deren Rechte deutlich geworden sei. Mit der Entscheidung für mehr direkte Demokratie sei auch verbunden, „dass die Chance für Verbesserungen für Minderheiten durch die Parlamente abnimmt“ (290). Notwendig sei daher ein intensiver gesellschaftlicher Kommunikationsprozess. Nach dem Sinn des Verfassungsschutzes fragt Till Müller‑Heidelberg. Nicht nur fungierten die Verfassungsschutzbehörden – wie die Erfahrungen in Zusammenhang mit dem NSU zeigten – zu keinem Zeitpunkt als „Frühwarnsystem“ (208), vielmehr widerspreche die Beobachtung der Bürger durch einen Geheimdienst „einer freiheitlichen Verfassungsordnung“ (214). Daher bedeute die ersatzlose Abschaffung der Verfassungsschutzbehörden kein Weniger an Sicherheit. Der Schutz der Verfassung könne nur durch die Gesellschaft selbst erfolgen.
Sabine Steppat (STE)
Dipl.-Politologin, Redakteurin pw-portal.de.
Rubrizierung: 1.34.12.322.3232.3253.2 Empfohlene Zitierweise: Sabine Steppat, Rezension zu: Fredrik Roggan / Dörte Busch (Hrsg.): Das Recht in guter Verfassung? Baden-Baden: 2013, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/37825-das-recht-in-guter-verfassung_45357, veröffentlicht am 27.11.2014. Buch-Nr.: 45357 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken