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Bernd Rettig

Hegels sittlicher Staat. Bedeutung und Aktualität

Köln/Weimar/Wien: Böhlau Verlag 2014; 423 S.; 54,90 €; ISBN 978-3-412-22345-8
Mit drastischen Worten verfolgt Bernd Rettig ein zweifaches Ziel: Angesichts fortschreitender Ausbeutung und Zerstörung der Natur wie einer schon in ihrer „Gesamtheit bedrohten Schöpfung“ fordert er, die Pflicht zur Natur „zum Maßstab des politischen Handelns zu machen.“ (394) Treuhänder und Sachwalter dieser Pflicht ist der Nationalstaat, aber auch der Zusammenschluss der Nationalstaaten unter einem Weltstaat. Nur darin können ein neuer Geist des menschlichen Miteinanders und ein verloren geglaubtes Verhältnis zur Natur wieder aufleben. Interessenvertreter dieses ökologischen und ökonomischen Lebensraumes ist nicht das einzelne Individuum, vielmehr spricht Rettig von einer Pflicht zum Handeln in der bürgerlichen Gesellschaft als Ganze, die in Zeiten des „Turbokapitalismus“ (388) und in einem „Krieg gegen die Natur“ (387) selbst vor dem Abgrund stehe. Dabei beruft sich der Autor auf die Rechtsphilosophie G. W. F. Hegels, der in der Vereinigung von bürgerlicher Gesellschaft im sittlichen Staat ein solches organisches Denken vorgelegt habe. Die Pflicht zur Natur könne nicht in einem reinen Rechts‑ und Verstandesstaat geregelt, könne nicht nur als Teil eines Produktionsprozesses verdeutlicht werden, sondern gründe auf einem sittlichen Verständnis des menschlichen Zusammenhalts in einer organischen Gesamtnatur. Dem zweiten Ziel, die Aktualität einer solchen Sittlichkeit nachzuweisen sowie die Entwicklung des deutschen Staates vom frühen 19. Jahrhundert bis zur Gegenwart anhand von Kritikern und Befürwortern Hegels abzubilden, geht Rettig parallel nach. Auch wenn das Auseinanderdriften von bürgerlicher Gesellschaft und Staat deutlich wird, erscheint die philosophische, juristische und auch politikwissenschaftliche Linie mitunter zusammenhanglos und bleibt exemplarisch. Sich selbst in eine liberale Lesart Hegels stellend, plädiert Rettig leidenschaftlich für ein Umdenken im Verhältnis zur Natur, das in der Wiederentdeckung der Hegel‘schen Sittlichkeit verborgen scheint.
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Rubrizierung: 5.33 Empfohlene Zitierweise: Ellen Thümmler, Rezension zu: Bernd Rettig: Hegels sittlicher Staat. Köln/Weimar/Wien: 2014, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/38022-hegels-sittlicher-staat_46332, veröffentlicht am 29.01.2015. Buch-Nr.: 46332 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken