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Ulrich Peters

Unbeugsam & widerständig. Die radikale Linke in Deutschland seit 1989/90

Münster: Unrast 2014; 728 S.; 29,80 €; ISBN 978-3-89771-573-8
Das Ende der Blockkonfrontation 1989/90 markiert den historischen Moment vom vielfach beschworenen Ende der Geschichte, der Universalisierung des liberalen Kapitalismus. Natürlich geht die Geschichte seither weiter, aber sie beschreibt sich in veränderten Koordinaten, besonders für jene Bewegung, für die mit der Systemalternative ein zentraler Bezugspunkt der eigenen oppositionellen Position verloren gegangen ist. Ihr Standpunkt der grundlegenden Kritik ist das Kriterium der radikalen Linken, deren Geschichte Ulrich Peters ab jenem Moment bis ins Jahr 2010 rekonstruiert – eine Geschichte, die sich zunächst als eine „Zeit des Niedergangs“ (82) beschreiben lässt, mit der Auflösung radikaler Parteien in an die Bedeutungslosigkeit grenzende Kleinstgruppen und der fast vollständigen Integration in die neue Ordnung. Und trotzdem: „Bedenkt man, dass die radikale Linke infolge des konterrevolutionären Rollback 1989/90 auf wenige zehntausend Menschen zusammengeschrumpft war, muss man über die Vielfalt ihrer Aktivitäten beinahe staunen“ (228). Anhand der großen Eckpfeiler linksradikaler Politik – Antifaschismus, Antirassismus und Flüchtlingsarbeit, soziale Kämpfe, öffentlicher Raum und Gentrifizierung sowie Außenpolitik und Friedensbewegung – führt Peters durch die Konfliktlinien und prägenden Ereignisse der vergangenen zwei Jahrzehnte. An Kriegseinsätzen – von Jugoslawien bis in den Nahen Osten – entzündeten sich die Grundsatzdebatten wie die zwischen Antideutschen und Antiimperialismus, die sich auch in der kräftezehrenden Bündnisarbeit niederschlugen und eine zum Teil verfeindete Linke in die gesellschaftliche Isolation trieben. Auch Impulse wie die Antiglobalisierungsbewegung, die ein Erstarken der Linken versprach, führten letztlich doch nur zu einer Mäßigung radikaler Kräfte und einem Rückfall in die Zersplitterung. Daher scheint auch zu der Konstellation des neuen Jahrtausends „das hartnäckige Ringen um eine erfolgreiche Bündnispolitik zu den Hauptmerkmalen linksradikaler Politik“ (551) zu gehören. Um aber aus der politischen Defensive kommen zu können, bedarf es der Debatte über eine tragfähige Alternative zum sich immer mehr verdichtenden Kapitalismus und ebenso der Strategiedebatten darüber, wie solche zu verwirklichen wären. Mit all dem zeichnet Peters das Bild einer radikalen Linken, die sich an den Bruchstellen der kapitalistischen Ordnung formiert und über eben diese Momente mit ihrem eigenen Zusammenhang ringt, tatsächlich unbeugsam und widerständig.
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Rubrizierung: 2.3312.3152.35 Empfohlene Zitierweise: Alexander Struwe, Rezension zu: Ulrich Peters: Unbeugsam & widerständig. Münster: 2014, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/38209-unbeugsam--widerstaendig_46112, veröffentlicht am 26.03.2015. Buch-Nr.: 46112 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken