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Eckart Conze / Joachim Scholtyseck / Erich Weede (Hrsg.), in Verbindung mit Jürgen Frölich und Ewald Grothe

Jahrbuch zur Liberalismus-Forschung. 26. Jahrgang 2014. Hrsg. im Auftrag der Friedrich-Naumann-Stiftung für die Freiheit

Baden-Baden: Nomos Verlagsgesellschaft 2014; 428 S.; brosch., 52,- €; ISBN 978-3-8487-1610-4
Diese Ausgabe ist dem Wirken des Liberalismus zur Zeit des Ersten Weltkriegs gewidmet: „Es ist ein Anliegen der im Themenschwerpunkt dieses Jahrbuchs versammelten Beiträge, die manichäische Weltsicht der Kriegsfronten aufzubrechen und zu einer Vergleichsperspektive vorzudringen, die Gemeinsamkeiten wie Unterschiede der europäischen Liberalismen im Ersten Weltkrieg gleichberechtigt in den Blick nimmt.“ (13) Diese programmatische Ausrichtung eröffnet ein breites Feld. Marcus Llanque geht in seinem Beitrag der Frage nach, welche konkreten Herausforderungen „die Erfahrung des Weltkrieges“ für den Linksliberalismus in Deutschland mit sich brachten. Indem der Krieg und die von ihm ausgehenden, erzwungenen gesellschaftlichen Veränderungen „die Grenzen von Privatheit und Öffentlichkeit durchlässiger“ (29) haben werden lassen, waren auch begriffliche Neuorientierungen auf Seiten des Linksliberalismus unumgänglich. Dies gilt etwa für den Begriff der Nation, der im Laufe des Krieges mehr und mehr in einer exklusiven und rechthaberischen Auslegung gebraucht wurde und nicht mehr – wie etwa Friedrich Naumann das noch kurz vor Beginn des Krieges häufig formuliert hatte – dem Leitbild eines kompetitiven internationalen Wettbewerbs auf Basis des „humanen Individualismus“ (32) folgte. Während Llanque in seinen Ausführungen häufiger zu Naumann als Referenzfigur zurückkehrt, steht in Karl Heinrich Pohls Beitrag zum Nationalliberalismus im Ersten Weltkrieg die Person Gustav Stresemanns im Mittelpunkt. Stresemann als liberale „Führungsfigur“ (51) sei einerseits hoch anerkannt, andererseits auch gerade retrospektiv von der Forschung für seine Politik im Ersten Weltkrieg kritisiert worden. Seine Politik – wenn auch im Fahrwasser der Zeit formuliert – habe eine kriegerische Auseinandersetzung allzu sehr als akzeptables Mittel, als etwas, das es in Kauf zu nehmen gelte, betrachtet. Folglich habe „Deutschland sich auf diesem Schlachtfeld nicht nur mit aller Energie, sondern auch mit allen Mitteln behaupten müssen, wenn es nicht zu den Verlierern“ (53) habe zählen wollen. – Allein schon diese beiden Facetten des deutschen Liberalismus zur Zeit des Ersten Weltkrieges bieten ein überaus differenziertes, ebenso historisch wie politisch akzentuiertes Bild, das in der Gesamtschau des Bandes noch wesentlich weiter angereichert wird.
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Rubrizierung: 2.3114.12.612.42.3312.3132.36 Empfohlene Zitierweise: Matthias Lemke, Rezension zu: Eckart Conze / Joachim Scholtyseck / Erich Weede (Hrsg.), in Verbindung mit Jürgen Frölich und Ewald Grothe: Jahrbuch zur Liberalismus-Forschung. Baden-Baden: 2014, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/38226-jahrbuch-zur-liberalismus-forschung_46620, veröffentlicht am 26.03.2015. Buch-Nr.: 46620 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken