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Barbara Muraca

Gut leben. Eine Gesellschaft jenseits des Wachstums

Berlin: Verlag Klaus Wagenbach 2014; 94 S.; 9,90 €; ISBN 978-3-8031-2730-3
Mit ihrer „utopische[n] Vision einer Postwachstumsgesellschaft“ (12) ergänzt die Philosophin Barbara Muraca eine Reihe von Werken, die jüngst zur Frage, wie sich unabhängig vom stetigen Wachstum gutes Leben realisieren lasse, erschienen sind (siehe unter anderem Buch‑Nr 45903, 46077). Ein Problem sieht sie darin, dass die Menschen den gewünschten Lebensstil unabhängig von der Gesellschaft verfolgen. „So gestalten wir unseren individuellen Lebensstil letztendlich nur in der Rolle der Konsument(inn)en von Produkten und Dienstleistungen, aber nicht in der Rolle von Bürger(inn)en.“ (8) Die Demokratie gerate damit in Gefahr. Bevor sie auf die Idee der Postwachstumsgesellschaft eingeht, erläutert Muraca unter Rückbezug auf Ernst Bloch und Erik Olin Wright das Potenzial von Utopien und die Merkmale und Wirkmächtigkeit sogenannter konkreter Utopien. Diese zeichneten sich dadurch aus, dass sie „wünschenswert, lebensfähig und umsetzbar“ (22) seien. Anhand dieser Merkmale bemisst sie die von ihr vorgestellten Utopien von einer Gesellschaft, die sich vom Wachstumszwang befreit hat. Sie vergleicht dabei die Ansätze des Wachstumskritikers Serge Latouche und des Volkswirts Niko Paech, der mit seinem Buch „Befreiung vom Überfluss“ (siehe Buch‑Nr. 42280) die Idee einer Postwachstumsökonomie in den öffentlichen Diskurs einbrachte. Beiden Utopien gemeinsam sei, dass sie Alternativen zum „Mantra des Wachstums als alternativlosen Ausweg aus der Krise“ (55) anbieten. Die Autorin erkennt in den Vorstellungen allerdings auch die Gefahr eines inhärenten ideologischen Lokalpatriotismus, „der zu antiemanzipatorischen und rassistischen Wendungen führen kann“ (57). Auch könnte die oft geäußerte Kritik an der Moderne konservative bis hin zu ökofaschistischen Tendenzen fördern. Zudem gebe es in den gegenwärtigen Modellen „noch viel zu wenige Überlegungen zu der gesamtgesellschaftlichen Koordination zwischen verschiedenen lokalen Selbstorganisationsstrukturen“ (68), damit die Betonung des Lokalen nicht zu Isolierung und Abschottung führe. Daher betont Muraca die Solidarität als einen der Grundpfeiler einer – gerechten und demokratischen – Postwachstumsgesellschaft. Sie selbst nennt ihr Buch eine Nacherzählung, und das ist auch der einzige Kritikpunkt: Es mangelt an neuen Einblicken und Gedankenanstößen, bei allem Respekt für die gelungene Einführung in ein Thema, das nicht an Bedeutung verlieren wird.
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Rubrizierung: 2.25.42 Empfohlene Zitierweise: Simone Winkens, Rezension zu: Barbara Muraca: Gut leben. Berlin: 2014, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/38321-gut-leben_46141, veröffentlicht am 23.04.2015. Buch-Nr.: 46141 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken