Skip to main content
Rainer Schreiber

Religion, Volk, Identität? Das Judentum in der Sackgasse des modernen Nationalismus

Aschaffenburg: Alibri Verlag 2014; 133 S.; kart., 10,- €; ISBN 978-3-86569-178-1
Rainer Schreiber kritisiert, dass in der Berichterstattung über den Nahostkonflikt meist einseitig für die israelische oder die palästinensische Sache Partei ergriffen werde. Sachliche Analyse komme zu kurz. Er bemühe sich daher, die Situation in Nahost sowie die deutsche Debatte darüber im historischen Kontext zu analysieren. Besonderes Augenmerk richtet er dabei auf die „gemeinschaftstümelnden Ideologien“ wie Rassismus, Nationalismus und Antisemitismus. Dies schließe auch „eine kritische Betrachtung des Zionismus ein“. Dieser sei zwar im historischen Kontext nachvollziehbar, so Schreiber, dennoch greife der Zionismus mit seiner „Ideologie eines genuin jüdischen Staatsvolks auf die Konzepte und Fehler seiner Feinde“ zurück, „was das Zusammenleben im Nahen Osten nicht gerade erleichtert“ (8). Diese sehr problematische und falsche kausale Verknüpfung beziehungsweise behauptete Gleichartigkeit von Zionismus und Antisemitismus wiederholt der Autor an anderer Stelle: „die – von den Zionisten aufgegriffene – Vorstellung der völkischen Antisemiten, die Juden wären ein ‚Volk’“ sei „schon immer und überall eine krasse Lüge“ (32) gewesen. Die weltweite Einwanderung in den neuen Staat Israel habe für eine „Fülle von Kulturen, Lebensweisen und herkunftsbezogenen, sozialen und kulturellen Besonderheiten“ gesorgt, „die dem Ideal der Juden als homogenes Volk komplett widersprachen“ (77). Da Juden und Araber seit über 60 Jahren faktisch gemeinsam an einem Ort lebten, so der Autor, sei es notwendig, auf Dauer miteinander auszukommen. Dazu müssten beide Seiten ihre nationalistischen Ideologien ablegen, dies aber verhinderten die etablierten Eliten beiderseits. Aus einer rationalen Perspektive gebe es eigentlich keinen Grund, weshalb Israelis und Palästinenser nicht ökonomische Beziehungen eingehen und voneinander lernen könnten. Trotzdem fühlten sich Israelis und Palästinenser voneinander bedroht, die eigene Drohung werde als Selbstverteidigung legitimiert. Der Autor sieht den Grund in der „Idiotie rassistischen Denkens“ (16). Schreiber gibt zwar vor, auf eine ausgeglichene Darstellung bedacht zu sein, trotzdem kritisiert er fast ausschließlich die israelische Seite. Palästinensische beziehungsweise arabische Nationalismen und ihre Hintergründe werden nur erwähnt, aber nicht ebenso ausführlich problematisiert.
{WDE}
Rubrizierung: 2.232.352.632.312 Empfohlene Zitierweise: Wolfgang Denzler, Rezension zu: Rainer Schreiber: Religion, Volk, Identität? Aschaffenburg: 2014, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/38445-religion-volk-identitaet_46765, veröffentlicht am 21.05.2015. Buch-Nr.: 46765 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken