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Imke Hansen

"Nie wieder Auschwitz!" Die Entstehung eines Symbols und der Alltag einer Gedenkstätte 1945-1955

Göttingen: Wallstein Verlag 2015 (Diktaturen und ihre Überwindung im 20. und 21. Jahrhundert 9); 310 S.; brosch., 34,90 €; ISBN 978-3-8353-1630-0
Diss. Hamburg; Begutachtung: F. Golczewski, M. Zimmermann. – Die gesellschaftliche wie auch museale Auseinandersetzung mit dem Holocaust verweist nicht nur auf die sich wandelnden Erwartungen an ein inzwischen europäisiertes kulturelles Gedächtnis. Mit dem Verschwinden der Erlebnisgeneration verändern sich auch die Mittel der Darstellung der jüngsten (deutschen) Geschichte und die Bezugsgrößen der Beurteilung des Holocaust als eines singulären, letztlich unbegreiflichen Ereignisses. Was also soll Erinnerungsarbeit leisten, wenn eine gesellschaftliche Übereinkunft über das zu Erinnernde schwierig wird. Ist eine (museale) Vermittlung des Unbegreiflichen überhaupt möglich? Und wenn ja: Welche Rolle spielen hierbei die jeweils besonderen nationalen Erinnerungsmechanismen bei der zu beobachtenden Europäisierung, ja Globalisierung des Holocaust‑Gedächtnisses im 21. Jahrhundert? In den vergangenen Jahren ist eine ganze Reihe von Veröffentlichungen zum Thema Gedächtniskultur und Musealisierung, insbesondere in Auseinandersetzung mit den nationalen Gedenkstätten zur Erinnerung an den nazistischen Terror und den Holocaust erschienen. Imke Hansen berichtet in ihrer Arbeit über die „ereignisreiche Geschichte von Auschwitz‑Birkenau, nachdem es aufgehört hatte, als Lager zu existieren“ (9). Damit rückt nicht nur der Gegenstand selbst, also die Museumsarbeit an einem Ort wie Auschwitz, sondern die historisch‑kritische Aufarbeitung der mit der musealen Aneignung und Darstellung verbundenen religiös‑ideologisch‑mentalen Auseinandersetzungen in den Mittelpunkt der Analyse. Entlang der Kategorien Akteure, Konzepte und Narrative zeichnet die Autorin die Debatten der frühen Nachkriegszeit darüber, „was Auschwitz sein soll“ (141) detailliert nach. So handelt die vorzüglich geschriebene Arbeit einerseits von der Entstehung des Erinnerungsortes Auschwitz‑Birkenau und andererseits vom Museumsalltag einer Gedenkstätte. Deutlich wird dabei, wie stark Repräsentationen von Geschichte – in diesem sehr besonderen Fall – im täglichen Leben, in den zeitgeschichtlichen Umständen verwurzelt sind. Die Tatsache, dass es erst in unseren Tagen einen solchen Bericht über Auschwitz‑Birkenau als Gedächtnisort gibt, ist selbst ein Teil dieser bemerkenswerten, nicht nur polnischen Geschichte.
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Rubrizierung: 2.612.23 Empfohlene Zitierweise: Georg Kamphausen, Rezension zu: Imke Hansen: "Nie wieder Auschwitz!" Göttingen: 2015, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/38691-nie-wieder-auschwitz_46780, veröffentlicht am 30.07.2015. Buch-Nr.: 46780 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken