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Hans-Jürgen Burchardt / Olaf Kaltmeier / Rainer Öhlschläger (Hrsg.)

Urbane (T)Räume: Städte zwischen Kultur, Kommerz und Konflikt

Baden-Baden: Nomos Verlagsgesellschaft 2014 (Studien zu Lateinamerika 28); 209 S.; 19,90 €; ISBN 978-3-8487-1335-6
Wenn es in Politik, Forschung und Medien um wachsende Städte und Urbanisierung weltweit geht, richtet sich der Blick meistens nach Asien, vor allem auf Indien und die Megastädte Chinas. Lateinamerika hingegen erregt vor allem mit Großereignissen wie 2014 mit der Fußball‑Weltmeisterschaft in Brasilien und den Olympischen Spiele 2016 in Rio de Janeiro Aufmerksamkeit. Für die Herausgeber dieses Sammelbandes lohnen gerade Mittel‑ und Südamerika einen zweiten Blick, da diese Region eine der höchsten Urbanisierungsraten der Welt aufweise, das vorherrschende Bild der Städte dort aber von Ungleichheit, Rassismus und Ausgrenzung gekennzeichnet sei. Dabei seien die Städte zwischen Mexiko und Feuerland Kristallisationspunkte vielfältiger Konflikte und daraus folgender Proteste, gleichzeitig aber auch Quelle innovativer politischer, sozialer und kultureller Projekte. Deutsche und lateinamerikanische Wissenschaftler beschreiben in dem Buch beispielhaft urbane Dynamiken wie innerstädtische sozialräumliche Segregationsprozesse, die Modifizierung öffentlichen Raums und die Gestaltung durch Wohnungs‑ und Verkehrspolitik. Nun gibt es zwischen den Großstädten Lateinamerikas deutliche Unterschiede, allein geografisch – viele liegen an der Küste, einige im Hochland, manche im Regenwald und in der Wüste. Im Vordergrund steht deshalb bei allen Beiträgen die Frage nach den Gemeinsamkeiten, die es erlauben würden, von einem lateinamerikanischen Typus der (Groß‑)Stadt zu sprechen. Die Autoren bemerken eine „Festivalisierung der Stadtpolitik" mit Olympischen Spielen, Weltmeisterschaften, Weltausstellungen, Theater‑, Musik‑ und Filmfestivals, die Ende der 1990er‑Jahre auch in Lateinamerika angekommen sei. Diese Spektakel veränderten mit monumentalen Bauten und Infrastrukturprojekten nachhaltig das Bild der Stadt; ein „Stadt‑Branding“ steigere die Attraktivität für Tourismus und Unternehmen. Abseits dieser von (globalen) Eliten geförderten und genutzten Entwicklung bleibe die lokale Bevölkerung auf der Strecke, sei es im Zentrum der Städte oder in abgelegenen Slums. Thema des Bandes sind aber nicht nur Brennpunkte, sondern auch neue urbane Dynamiken mit Alternativkulturszenen, urbane Überlebensökonomien mit Formen von Urban Gardening sowie die Besetzung von lokalen Plätze und Hochhäusern. Die Autoren konstatieren darüber hinaus, dass die Migration das lateinamerikanische Modell der Stadt entterritorialisiert: Es finde sich bereits in den US‑Städten Chicago, Los Angeles und New York und ebenso im spanischen Madrid.
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Rubrizierung: 2.652.212.232.263 Empfohlene Zitierweise: Steffen Heinzelmann, Rezension zu: Hans-Jürgen Burchardt / Olaf Kaltmeier / Rainer Öhlschläger (Hrsg.): Urbane (T)Räume: Städte zwischen Kultur, Kommerz und Konflikt Baden-Baden: 2014, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/38790-urbane-traeume-staedte-zwischen-kultur-kommerz-und-konflikt_46848, veröffentlicht am 27.08.2015. Buch-Nr.: 46848 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken