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Doron Kiesel / Ronald Lutz (Hrsg.)

Religion und Politik. Analysen, Kontroversen, Fragen

Frankfurt a. M./New York: Campus Verlag 2015; 468 S.; 45,- €; ISBN 978-3-593-50319-6
Dass dem Verhältnis von Religion und Politik auch noch in der Moderne erhöhte Aufmerksamkeit geschenkt werden sollte, wird mittlerweile in der Wissenschaft weitestgehend anerkannt. Die Frage, wie genau sich dieses häufig spannungsreiche Verhältnis gestaltet, verfolgt der Sammelband durch eine multidisziplinäre Herangehensweise in vier Teilen. Zunächst befasst sich Wolf Wagner im Abschnitt „Zugänge“ einführend mit der Beziehung von Religion und Politik und endet mit zwei Grundfragen: Erstens, wie man es vermeiden könne, dass „Religion oder Politik den Besitz oder Zugang zur absoluten Wahrheit beanspruchen“ (39), und zweitens, „wie man Staat und Religion davor schützen kann, von der jeweils anderen Seite überwältigt zu werden, wenn diese mit einem absoluten Wahrheitsanspruch auftritt“ (39). Nach dem Abschnitt „Kontexte“, der sich Themen wie der Kirche in der DDR oder der Reformation widmet, analysiert Birgit Heller in dem Teil über „Lebenswelten“ den Zusammenhang von Religion, Politik und Geschlechterordnung. Sie zeigt dabei unter anderem auf, „wie stark die Religionen zwischen den Geschlechtern differenzieren und dabei meistens eine Diskriminierung, Marginalisierung oder Unterordnung von Frauen begründen“ (304) und wie damit eine „männliche Dominanz in der Gesellschaft religiös legitimiert“ (303) werden konnte. Ein Weg zur Gleichstellung der Geschlechter erfolge durch vielfältige Initiativen von Frauen aus den religiösen Gemeinschaften. Im dem letzten Abschnitt „Brennpunkte“ hebt Hans G. Kippenberg anhand von empirischen Beispielen hervor, wie sich religiöse Gewalt erst als Reaktion auf eine Bedrohung durch einen religiösen „Antifundamentalismus“ vonseiten einer staatlichen Ordnung entfaltet, sich dann aber auch wie etwa im Iran verstetigen könne. Bernd Rheinberg betont zuletzt, wie der islamistische Terror über „gigantische Gewaltmärkte“ (459), die sich von der Levante über Nordafrika bis zur Sahelzone erstrecken, profitieren kann. Mit dem Islamischen Staat (IS) habe dieser Terror durch seinen „teilweise bereits staatlichen Charakter“ eine neue Dimension erreicht. Rheinberg bezeichnet den IS als einen „Kriegsstaat“ (461), der ohne die Gewaltmärkte nicht überleben könne, diese aber zugleich selbst befördere. Er betont zudem, dass in den IS‑Gebieten früher oder später mit Aufständen von Clans zu rechnen sei. Eine Analyse der Ursachen für das Entstehen des IS oder mögliche Handlungsanweisungen gegen solch einen „Kriegsstaat“ bietet der Autor jedoch nicht.
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Rubrizierung: 2.232.352.3142.212.652.632.25 Empfohlene Zitierweise: Jan Achim Richter, Rezension zu: Doron Kiesel / Ronald Lutz (Hrsg.): Religion und Politik. Frankfurt a. M./New York: 2015, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/39129-religion-und-politik_47582, veröffentlicht am 26.11.2015. Buch-Nr.: 47582 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken