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Clarissa Rudolph

Geschlechterverhältnisse in der Politik. Eine genderorientierte Einführung in Grundfragen der Politikwissenschaft

Opladen/Toronto: Verlag Barbara Budrich 2015 (Uni-Taschenbuch 4301); 171 S.; 15,99 €; ISBN 978-3-8252-4301-2
Die Politikwissenschaft habe sich „lange Zeit schwer getan mit der Integration feministischer Perspektiven und genderorientierter Fragestellungen. Noch heute fristen solche Ansätze ein eher randständiges Dasein“ (33), schreibt Clarissa Rudolph und will der Geschlechtsblindheit der Disziplin mit dieser Einführung eine genderorientierte Perspektive entgegensetzen. Denn ohne die Berücksichtigung der Kategorie Geschlecht bleiben Forschungsfragen, Konzepte und Theorien unvollständig, somit grundlegende Aspekte der gesellschaftlichen Realität unsichtbar, was zu unbefriedigenden Analysen und falschen Antworten führt. Zur näheren Begründung dieses Sachverhalts bietet die Autorin zunächst eine knappe Einführung in die Begrifflichkeiten Gender, Sex und feministische Wissenschaft sowie zum Verhältnis von Politik(wissenschaft) und Geschlecht. Hier verweist sie bereits auf das problematische Konstrukt der Trennung von Öffentlichkeit und Privatheit, das „in vielen Bereichen der Politikwissenschaft anhaltend sichtbar und virulent ist und bleibt“ (31) und sich in den weiteren Ausführungen immer wieder als zentraler Bezugspunkt der Kritik erweist. In einzelnen Kapiteln werden dann zentrale politikwissenschaftliche Kategorien wie Macht, Herrschaft, Staat, Demokratie oder Menschenrechte aus genderorientierter Perspektive betrachtet. Dabei geht die Autorin jeweils auf verschiedene Ansätze und Diskurse ein, führt Beispiele aus der empirischen Forschung an und gibt kommentierte Literaturempfehlungen. Mit ihren Ausführungen macht Rudolph deutlich, wie durch die Berücksichtigung der Kategorie Geschlecht Ein‑ und Ausschlussmechanismen aufgedeckt und neue Forschungsperspektiven eröffnet werden können. Dargestellt wird dies unter anderem in Bezug auf die Wirkungen des Sozialstaats (Verfestigung geschlechtlicher Arbeitsteilung) oder die Folgen der sogenannten post‑demokratischen Entwicklungen, die „zu Lasten gerade errungener Partizipationsmöglichkeiten von Frauen“ (86 f.) gehen. Der Geschlechtsblindheit in klassischen Demokratietheorien stellt Rudolph verschiedene genderorientierte Ansätze (Phillips, Young, Holland‑Cunz) gegenüber und zeichnet zudem die feministische Kritik an der Friedens‑ und Konfliktforschung nach. Ein Kapitel ist der Männerforschung gewidmet und abschließend skizziert sie neuere, aus der Krise des Feminismus entstandene Ansätze wie Queer Theory, Intersektionalität und Postkolonialismus. Mit diesem breiten thematischen Zugang bietet die Autorin einen gelungenen Überblick über die Perspektiven feministischer Politikwissenschaft und vermag durch ihre verständliche und unaufgeregte Darstellung zu ebendieser anzuregen – der Disziplin täte es gut.
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Rubrizierung: 1.12.272.363.55.424.425.2 Empfohlene Zitierweise: Anke Rösener, Rezension zu: Clarissa Rudolph: Geschlechterverhältnisse in der Politik. Opladen/Toronto: 2015, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/39281-geschlechterverhaeltnisse-in-der-politik_47428, veröffentlicht am 21.01.2016. Buch-Nr.: 47428 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken