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Jürgen Renn / Bernd Scherer (Hrsg.)

Das Anthropozän. Zum Stand der Dinge

Berlin: Matthes & Seitz 2015; 269 S.; 24,90 €; ISBN 978-3-95757-153-3
Seitdem Paul Cruzen im Jahre 2000 zum ersten Mal den Begriff „Anthropozän“ vorgeschlagen hat, um das Zeitalter zu benennen, in dem der Mensch als prägender Faktor zu beschreiben ist, ist dieser zur Inspiration und Projektionsfläche für verschiedenste Disziplinen geworden. Mit diesem Band liegt eine „Bestandaufnahme der Selbstreflexion, zu der das anthropozäne Denken Anlass gegeben hat“ (15), vor. Kennzeichnend für das Anthropozän sei zum einen der Mensch als gestaltende Kraft auf dem Planeten, zum anderen, dass die Massivität seiner Eingriffe auf ihn selbst zurückschlage. Daher fragt Peter Sloterdijk in seinem einleitenden Essay nach der Verantwortung des Menschen und schlägt eine neue politische Anthropologie vor, um sich dieser bewusst zu werden. Diesen Tenor greift auch Anne Peters auf. In ihrem erhellenden Beitrag zu Tierrechten nimmt sie das Leid durch Massentierhaltung zum Ausgang, um die Grenzziehung zwischen Mensch und Tier zu hinterfragen und alles Leben als Schicksalsgemeinschaft zu begreifen. Die Frage des Tierrechts wird dadurch zur Herausforderung für die Sozialwissenschaften. Jan Willmroth nimmt in seinem Beitrag das Anthropozän zum Anlass, um das Verhältnis zwischen Ökonomie und Ökologie umzukehren und innerhalb einer begrenzten Umwelt zu denken. Benjamin Steininger und Bernd Scherer beschreiben in ihren Aufsätzen die Entwicklung von Raffinerie und chemischer Katalyse, um die instrumentelle Rationalität des technischen Fortschritts zu illustrieren, die den Menschen zwar zum gestaltenden Faktor auf dem Planeten hat werden lassen, aber auch durch ihre dinghafte Weltbeziehung eine Destruktivität entfaltet, die zur Bedrohung wird. Daher muss die Menschheit „durch den Einbezug einer sinnlich‑ästhetischen Praxis einen naiven Begriff von Wissensgesellschaft überwinden, in dem das Leiden ausgeblendet wird, das wir uns und anderen zufügen“ (21). Die Beiträge des Bandes versammeln nicht nur eine kreative und differenzierte Herangehensweise an dieses Thema, sie lenken auch den Fokus auf die Notwendigkeit menschlicher Verantwortung. Der Sammelband ist im Rahmen des „Anthropozän‑Projekt 2014/2015“ am Haus der Kulturen der Welt Berlin entstanden.
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Rubrizierung: 2.24.1 Empfohlene Zitierweise: Martin Repohl, Rezension zu: Jürgen Renn / Bernd Scherer (Hrsg.): Das Anthropozän. Berlin: 2015, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/39713-das-anthropozaen_48211, veröffentlicht am 26.05.2016. Buch-Nr.: 48211 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken