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Meltem Müftüler-Baç

Divergent Pathways: Turkey and the European Union. Re-Thinking the Dynamics of Turkish-European Union Relations

Opladen u. a.: Barbara Budrich Publishers 2016; 159 S.; 39,90 €; ISBN 978-3-8474-0612-9
Das Verhältnis zwischen der Türkei und der Europäischen Union ist derzeit bestenfalls ambivalent. Dabei spielt eine Rolle, dass die EU eben auch deshalb sui generis ist, weil sie aus 28 Mitgliedern besteht, die durchaus divergente diplomatische Beziehungen mit Ankara pflegen. Zudem ist für die EU die Türkei ein Beitrittsaspirant und dabei ein seit der Assoziation (1963) beziehungsweise der Aufnahme von Beitrittsverhandlungen (2005) nicht immer einfacher Partner. Sinnbildhaft dafür sind die jüngsten Gespräche zur Rückführung von Bürgerkriegsflüchtlingen. Damit legt Meltem Müftüler‑Ba ç, Jean‑Monnet‑Professorin an der Sabanci Universität Istanbul, ihre Untersuchung zu einem Zeitpunkt vor, an dem wieder einmal laut darüber nachgedacht wird, ob die Türkei zu Europa gehört. Müftüler‑Ba ç nutzt dabei ihre Expertise aus den Forschungsrahmenprogrammen (FRP) 6 und 7, einzelne Kapitel basieren auf entsprechenden Papieren. Gleich zu Beginn wird die Türkei aus der Perspektive der Versicherheitlichung der EU beleuchtet. Mögliche sozioökonomische Spannungsfaktoren oder kulturelle Divergenzen werden unter den Aspekten Demokratisierung und kulturelle Identität anschaulich subsumiert. Dabei verweist die Autorin auf die Risiken für die türkische Innenpolitik, da es derzeit am politischen Willen fehle, die Vorgaben aus Brüssel adäquat umzusetzen. Vielmehr ist sich Ankara seiner Schlüsselrolle in der Region durchaus bewusst und kann diesen Umstand sowohl mit Blick auf die EU‑Außenpolitik gegenüber den eigenen Anrainerstaaten als auch mit Blick auf die eigenen Interessen geschickt ausnutzen. Das Angebot einer privilegierten Partnerschaft und die Erfahrung, 2004 nicht unter den EU‑Beitrittskandidaten gewesen zu sein, haben eine Distanz geschaffen, die durchaus Folgen haben kann. Betrachtet man zudem den Stand des bisherigen Acquis‑Screenings (Kapitel 4), so fällt das Urteil nüchtern aus; die Beitrittsauflagen und mehr noch die Art der derzeitigen Kommunikation (etwa zum Thema Menschenrechte) bergen neue Spannungen. Am Ende geht die Autorin auf die Implikationen für die Parlamentswahlen (2015) ein, sodass hier eine profunde und gut strukturierte Analyse zum Abschluss gebracht wird.
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Rubrizierung: 2.633.12.273.64.22 Empfohlene Zitierweise: Martin Schwarz, Rezension zu: Meltem Müftüler-Baç: Divergent Pathways: Turkey and the European Union. Opladen u. a.: 2016, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/39768-divergent-pathways-turkey-and-the-european-union_46816, veröffentlicht am 23.06.2016. Buch-Nr.: 46816 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken