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Michael Lausberg

Antiziganismus in Deutschland. Zuwanderung aus Bulgarien und Rumänien

Marburg: Tectum Verlag 2015; VI, 277 S.; 24,95 €; ISBN 978-3-8288-3548-1
Nicht zuletzt aufgrund der verstärkten Migration aus Rumänien und Bulgarien nach Deutschland ist es zu politischen Diskussionen und auch zu einem Erstarken des Antiziganismus gekommen. Michael Lausberg zeigt bei diesem aktuellen wie brisanten Thema gekonnt, dass dieses Phänomen kein ausschließlich „rechtes“ Problem ist, sondern – obgleich oftmals nicht auf den ersten Blick ersichtlich – vor allem auch aus der „politischen Mitte“ kommt. Der Autor strukturiert das Buch in fünf Abschnitte. Zunächst führt er in den Begriff des Antiziganismus ein und erläutert die Zuschreibungen Roma, Sinti und „Zigeuner“. Kurz und knapp folgt, beginnend im Spätmittelalter, ein geschichtlicher Überblick über 600 Jahre der Diskriminierung und Verfolgung. Im vierten Kapitel referiert Lausberg die öffentliche Debatte über die Aufhebung der Freizügigkeitsbeschränkungen für EU‑Bürger der beiden Staaten Bulgarien und Rumänien und zeigt die sich daran anknüpfende Stigmatisierung. Anschließend stellt er die prekäre Lage der Roma in den beiden Herkunftsländern dar, um dann anhand zweier Fallbeispiele in Deutschland, Dortmund und Duisburg, die antiziganistischen Realitäten nach der Migration aufzuzeigen. In der folgenden Studie verknüpft er dieses gesellschaftliche Phänomen mit den Zuwanderungsdebatten, wobei er ein kritisches Infragestellen der vermittelten und zugleich überaus tabuisierten Bilder fordert. Lausbergs These nach übernimmt der Antiziganismus in der neoliberalen, krisenhaften Gegenwart die Funktion, die Abwehr von Migrant_innen zu legitimieren und zu rationalisieren. Da dieser Mechanismus nicht aufgearbeitet beziehungsweise negiert werde, komme es zu einer Perpetuierung der stereotypen Vorurteile gegenüber diesen EU‑Binnenmigranten. Lausberg plädiert dafür, diese ständige Rekonstruktion von Antiziganismus und dessen gesellschaftliche Funktion klar zu benennen: Diese Migrantengruppen seien in den beiden untersuchten Städten von Presse wie Politik als sogenannte Armutsmigranten zum Feindbild und in der Folge für den wirtschaftlichen Niedergang und die zunehmende Kriminalität verantwortlich gemacht worden. Aus Opfern habe man potenzielle Aggressoren konstruiert.
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Rubrizierung: 2.352.372.3252.614.43 Empfohlene Zitierweise: Alejandro Boucabeille, Rezension zu: Michael Lausberg: Antiziganismus in Deutschland. Marburg: 2015, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/39773-antiziganismus-in-deutschland_48020, veröffentlicht am 23.06.2016. Buch-Nr.: 48020 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken