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Nikolaus Wachsmann

KL. Die Geschichte der nationalsozialistischen Konzentrationslager

Berlin: Siedler Verlag 2015; 984 S.; geb., 39,99 €; ISBN 978-3-88680-827-4
Der Historiker Nikolaus Wachsmann legt eine umfassende Gesamtdarstellung der nationalsozialistischen Konzentrationslager vor. Er orientiert seine Studie an dem von Saul Friedländer geprägten Ansatz der ‚integrierten Geschichte‘ – die Welt der Opfer und Täter sowie die sie umgebende Gesellschaft werden in den Blick genommen und dabei die Mikro‑ sowie Makrogeschichte miteinander verbunden. Aus der Mikroperspektive fragt Wachsmann nach den Lebensbedingungen im Lager, den Strafmaßnahmen etc. sowie deren Veränderungen. Dabei nimmt er sowohl die Perspektive der Täter als auch die der Opfer ein. Letztere betrachtet er als Akteure – mit Handlungsspielraum, unterschiedlichen Erfahrungen und Verhaltensweisen. Aus der Makroperspektive untersucht er die das Lager umgebende Welt, fragt nach den politischen, wirtschaftlichen und militärischen Entwicklungen, blickt auf die Bevölkerung der Lagerumgebung und betrachtet die Konzentrationslager als Bestandteil eines institutionellen Netzes des NS‑Terrors. Er stützt seine Untersuchung auf eine Fülle an Forschungsliteratur und Quellen, unter anderem Erinnerungsberichte, Prozessunterlagen sowie SS‑ und Polizeiakten. Der Aufbau der Studie folgt einer chronologischen Erzählung, die es erlaubt, die Geschichte der Konzentrationslager über die Zeit hinweg aufzuzeigen. Diese sei nicht linear verlaufen: „Die Verhältnisse wurden nicht immer schlimmer; gelegentlich verbesserten sie sich vor und während des Krieges sogar, um sich schließlich später wieder zu verschlechtern.“ (32) Wachsmann unterscheidet zwischen den „frühen Lagern“ ab 1933 und den zentral‑organisierten ab 1936. Er verdeutlicht die Funktion der „frühen Lager“ als politisches Unterdrückungsinstrument und weist auf den Wandel nach 1939 hin: Häftlingsgesellschaft und Lagerpersonal veränderten sich, die Lebensbedingungen wurden schlechter. Außerdem expandierte das Lagersystem. Im Jahr 1941 vollzog sich, so Wachsmann, mit der „Aktion 14f13“ und der systematischen Ermordung der sowjetischen Kriegsgefangenen der endgültige Schritt zur Implementierung des Massenmordes. Gegen Mitte des Krieges habe es dann einen Wandel der Lager gegeben, prägend wurde die Zwangsarbeit in der Kriegswirtschaft, zahlreiche Außenlager wurden eingerichtet und die Zahl der Gefangenen stieg. Die Schlussphase sei vor allem durch kranke und schwache Häftlinge, überfüllte Auffanglager, Massenmorde und Todesmärsche gekennzeichnet gewesen. Insgesamt kann die anschaulich geschriebene Untersuchung als ein Standardwerk gelten (zum Thema siehe auch von Wolfgang Benz und Barbara Distel: „Der Ort des Terrors“, neun Bände, Buch‑Nr. 37700).
{JBU}
Rubrizierung: 2.3124.1 Empfohlene Zitierweise: Jessica Burmester, Rezension zu: Nikolaus Wachsmann: KL. Berlin: 2015, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/40001-kl_48425, veröffentlicht am 18.08.2016. Buch-Nr.: 48425 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken