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Arnd Herrmann (Hrsg.)

Kriseninstrument WEU. Die Westeuropäische Union (WEU) in der EG-Erweiterungskrise 1963-1970

Stuttgart: Franz Steiner Verlag 2015 (Studien zur modernen Geschichte 60); 257 S.; 49,- €; ISBN 978-3-515-10995-6
Geschichtswiss. Diss. Hamburg; Begutachtung: G. Clemens, B. Vogel. – Die WEU war schon zum Zeitpunkt ihrer Gründung vor allem eines, nämlich der Versuch der EG‑Gründerstaaten, ihre militärische Handlungsfähigkeit gegenüber der Schutzmacht USA unter Beweis zu stellen. Anlässe dafür gab es reichlich, man denke nur an Berlin, Korea, die Suez‑Krise, Griechenland oder die Türkei. Mit dem NATO‑Beitritt der jungen Bundesrepublik fiel schon früh ein weiterer Zweck weg. Die WEU war immer mal wieder Gegenstand der Forschung, so etwa bei Gerfried Brandstätter (1999). Bleibt die Frage, welche neuen Erkenntnisse Arnd Herrmann präsentieren kann, wenn er die WEU vor dem Hintergrund des Untersuchungszeitraums in den Blick nimmt. Großbritannien hatte sich bewusst gegen die EG, aber für einen Verbleib in der WEU entschieden, was allgemein begrüßt wurde, galt das Militärpotenzial des Landes mit Blick auf die Krisen von Berlin und Kuba doch als unverzichtbar. Das Veto de Gaulles, einem ausgewiesenen Vertreter des Europas der Vaterländer, gegen einen Beitritt Londons zur EG kam also zur Unzeit und dürfte außerdem durch den Streit um die US‑Atomwaffen motiviert gewesen sein. Indem nun die anderen EG‑Staaten unter anderem auf die WEU zurückgriffen, um den Gesprächsfaden mit London nicht gänzlich abreißen zu lassen, konnten sie gleich mehrere Optionen wahren. Sie konnten gegenüber de Gaulle, der dann ja auch zurücktrat, auf Zeit spielen und sie konnten London die nötige Zeit geben, den Antrag trotz der innenpolitischen Veränderungen aufrechtzuerhalten. Dass das Ganze als Krise wahrgenommen wurde, erschließt sich nur bedingt, die zitierte Rede von Walter Hallstein ist da nicht wirklich aussagekräftig und der Luxemburger Kompromiss kommt in den Betrachtungen zu kurz. De Gaulles Rolle als Vetospieler kann nur auf Zeit bestehen, die 1970 eingeführte Europäische Politische Zusammenarbeit zeigt das höchst anschaulich. Herrmann beschreibt die WEU als diplomatischen Notfallkanal und unauffälligen, durch die Präsenz der USA und der Atlantiker gefestigten Nebenschauplatz. Daraus eine Neubewertung der Rolle der WEU herleiten zu wollen, dürfte in der Tat noch für Gesprächsstoff sorgen. Warum wurde die WEU dann aufgelöst?
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Rubrizierung: 3.1 Empfohlene Zitierweise: Martin Schwarz, Rezension zu: Arnd Herrmann (Hrsg.): Kriseninstrument WEU. Stuttgart: 2015, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/40051-kriseninstrument-weu_48436, veröffentlicht am 08.09.2016. Buch-Nr.: 48436 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken