Der Rostocker Althistoriker Egon Flaig legt ein voluminöses, historisch kenntnisreiches und originelles, aber auch sehr streitbares Buch vor. Das Verfahren der Mehrheitsentscheidung wird in seiner Entstehung und historischen Entwicklung umfassend nachgezeichnet und normativ verteidigt. Nicht nur im deskriptiven Teil zeichnet sich die Abhandlung dabei durch ihren interdisziplinären, die zahlreichen Beispiele umfassend einordnenden Zugriff aus. Das Buch ist insofern als akribisch erarbeitete Fundgrube für historische Beispiele anzusehen. Einen starken Gegensatz dazu bildet die polemische Verve bei der Verteidigung des Mehrheitsentscheids. Im Stile einer Streitschrift wendet sich Flaig gegen den von ihm konstatierten Vormarsch des Konsensprinzips, wobei der griechischen Antike vergleichsweise undifferenziert eine Vorbildfunktion zugesprochen wird. Ein abwägender Argumentationsstil hätte der Abhandlung sicherlich gut getan. So bleibt die Auseinandersetzung mit Konsenstheoretikern und ‑theorien recht oberflächlich und kann diese ob der ausbleibenden Werkrezeptionen (von Jürgen Habermas wird zum Beispiel nur ein Aufsatz diskutiert) nicht ins Mark treffen. Im Umkehrschluss ist es jedoch gerade diese Streitbarkeit, die Flaigs Kopplung der demokratischen Gleichheit an den Mehrheitsentscheid sowie seine daraus folgende Kritik des Parteienwettbewerbs und des Bargainings zu einem durchaus befruchtenden Debattenbeitrag machen. Man mag die Radikalität und Einseitigkeit, etwa der Ausschusskritik, nicht teilen, sollte das Werk jedoch zur Kenntnis nehmen. Das gilt insbesondere vor dem Hintergrund des zu konstatierenden Problems der oft unzureichenden Verantwortlichkeit in heutigen demokratischen Systemen.