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Oskar Faus

Mythos "soziale Marktwirtschaft" Plädoyer für eine soziale Demokratie

Berlin: Frieling 1999; 144 S.; pb., 16,80 DM; ISBN 3-8280-0932-8
Das Zitat von V. Muthesius, dass der Autor – Diplom-Volkswirt und pensionierter Lehrer – seinem Buch voranstellt, zeigt die Stoßrichtung seiner Kritik: "Wir sagen soziale Marktwirtschaft, weil das gut klingt, meinen aber selbstverständlich die liberale Marktwirtschaft." Faus will aufzeigen, dass "mit diesem Schlagwort billige Bauernfängerei getrieben" wurde (5) und der Geburtsfehler der Sozialen Marktwirtschaft darin bestehe, "dass das 'Soziale' immer nur von sekundärer Bedeutung gegenüber dem primären Marktergebnis war." (6) Aus der fehlenden Verwirklichung des Sozialen leitet Faus alle aktuellen Probleme der Wirtschafts- und Sozialpolitik, insbesondere in den Bereichen Verteilung, Beschäftigung und Ökologie, ab. Gegen den Liberalismus stellt er als eigenes Konzept den Solidarismus, für das er sich auf Oswald von Nell-Breuning beruft; gegen den Individualismus hält er den Personalismus der katholischen Soziallehre. Dass die inflationäre Verwendung des Begriffs "Soziale Marktwirtschaft" diesen seines Inhalts beraubt hat, lässt sich kaum bestreiten. Doch eine Auseinandersetzung mit den Ursprüngen des Konzepts hätte Faus vor dem Irrtum bewahrt, dass es von Beginn an nur ein anderes Wort für Liberalismus und Individualismus gewesen sei: Wilhelm Röpke und Alexander Rüstow – die beide im Literaturverzeichnis nicht aufgeführt werden – haben den Individualismus ebenso scharf wie den Kollektivismus kritisiert; ihr Anspruch war es, mit dem Konzept der Sozialen Marktwirtschaft den Gegensatz dieser beiden einseitigen Verkürzungen zu überwinden. Röpke hat dabei wiederholt auf die Nähe seiner Position zu der der katholischen Soziallehre, wie sie in der "Quadragesimo anno" von Pius XI. formuliert wurde, betont. – Kurzum: Die Soziale Marktwirtschaft hätte sachkundigere Kritik und Nell-Breuning einen sachkundigeren Verteidiger verdient. Aus dem Inhalt: 1. Positionsbestimmung; 2. Begriffliche Klärungen; 3. Das "Soziale" im neoliberalen Verständnis der sozialen Marktwirtschaft und kritische Anmerkungen hierzu; 4. Soziale Marktwirtschaft und das "gemeinsame Wort" der Kirchen; 5. Mythos "soziale Marktwirtschaft"; 6. Anmerkungen zum Menschenbild; 7. Zusammenfassung; 8. Einkommens- und Vermögensverteilung; 9. Hoher Beschäftigungsstand ("Vollbeschäftigung"); 10. Mitbestimmung; 11. Erhaltung bzw. Wiederherstellung einer lebenswerten Umwelt; 12. Erhaltung bzw. Schaffung eines befriedigenden Sozialklimas; 13. Global nachhaltige Entwicklung für alle in der "Einen Welt"; 14. Soziale Demokratie als aktuelle Aufgabe.
Hendrik Hansen (HH)
Dr., Lehrbeauftragter, Politische Theorie und Ideengeschichte, Universität Passau.
Rubrizierung: 2.3 | 2.342 Empfohlene Zitierweise: Hendrik Hansen, Rezension zu: Oskar Faus: Mythos "soziale Marktwirtschaft" Berlin: 1999, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/11232-mythos-soziale-marktwirtschaft_13299, veröffentlicht am 01.01.2006. Buch-Nr.: 13299 Rezension drucken