Umfangreiche biographische Berichte bieten die empirische Grundlage dieser Generationenstudie, die ursprünglich als Untersuchung zum Wandel des Kulturbegriffs in Ostdeutschland geplant war. Aus der zurückblickenden Perspektive 10 Jahre nach 1989 zeigte sich bei den Befragten jedoch, dass die Erfahrungen und Bewertungen im Bereich symbolischer Kultur nicht zu trennen waren von einem "überwältigenden Erklärungs- und Rechtfertigungsdruck" (5) im Hinblick auf das Leben in der DDR. Kulturelle und politische Identitätsbildung standen in Ostdeutschland in einem untrennbaren Zusammenhang, wenn auch nicht unbedingt in einem spannungsfreien Verhältnis. Trotz etlicher Parallelen in der Mentalitätsentwicklung der entsprechenden Generationen in Ost und West zeigt sich eine zunehmende Kontrastierung in der Ausbildung von Normen und Einstellungen. Ohne die westliche kulturelle Entwicklung zum unumstößlichen Maßstab erklären zu wollen, verweist der Autor insbesondere auf die Isolierung und Statik des DDR­-Regimes. Der Stillstand und die Angst vor Wandel führte letztlich in entscheidender Weise zum Verlust von Anerkennung und zum Untergang des sozialistischen Staates. Die Studie erhellt die Probleme der Identifikation vieler Ostdeutscher mit dem vereinten Deutschland (unabhängig davon, ob sie dem DDR-Staat positiv oder negativ gegenüberstanden) und verdeutlicht den anhaltenden Bruch zwischen Ost und West. Inhaltsübersicht: 1. Generationen in Ost und West: Kontrast und Parallele; 2. Widerspruch von Organisations- und Alltagskultur bei proletarischen Aufsteigern: die 30er-Jahre-Generation; 3. Idealistischer Homo faber und verpaßte Emanzipation: die 40er-Jahre-Generation; 4. Jugendkultur, Selbstverwirklichung und Lebenswelt gegen verstaatlichte Organisationsgesellschaft: die 50er-Jahre-Generation; 5. Konventionelle Individualisierung: 60er-Jahre- und Wende-Generation.