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Michail Gorbatschow

Über mein Land. Russlands Weg ins 21. Jahrhundert. Aus dem Russischen von Norbert Juraschitz

München: C. H. Beck 2000; 232 S.; geb., 38,- DM; ISBN 3-406-46165-4
Auf die eigene Erfahrung zurückgreifend, äußert der letzte Präsident der UdSSR seine Sicht des Niedergangs der Sowjetunion. Die Schilderung der Verhandlungen zwischen der zentralen und den regionalen Verwaltungen über eine neue Konzeption der Union beruht auf der Überzeugung, dass die Union zu retten war und dass dies für die vielen Völker die bessere Lösung gewesen wäre. Im ersten Teil wird das Erbe der Oktoberrevolution thematisiert. Die Frage, ob gesellschaftliche Veränderungen - gewaltsam oder friedlich - herbeizuführen sind bildet den Ausgangspunkt für die Beschäftigung mit dem Begriff der Revolution. Die Vorgeschichte und die Folgen der Oktoberrevolution werden in Bezug auf Parallelen zum Reformprozess der Perestrojka-Zeit erörtert. Die Auseinandersetzung mit den politischen Praktiken Lenins und Stalins mündet in der These, wonach der Sozialismus in der Sowjetunion nicht realisiert worden und die sozialistische Idee für die Gestaltung unserer zukünftigen Gesellschaft bedeutend und aktuell sei (95). Im zweiten Teil stellt Gorbatschow seine Auffassung der Ereignisse Ende der 80er/Anfang der 90er Jahre dar, zum Teil mit Wiedergabe der Sitzungsprotokolle verschiedener Institutionen (Staatsrat, Führer der Delegation der Republiken etc.), in deren Beratungen die Zukunft der Sowjetunion zur Debatte stand. Interessant ist Gorbatschows Darstellung seiner Einstellung zu der angespannten Nationalitätenfrage und wie er mit dem Problem der Wahl zwischen politischer oder gewaltsamer Lösung umzugehen gedacht hat. Diese Problematik bildete den Hintergrund für den entscheidenden Punkt in den Diskussionen über die Ausformung eines Unionsvertrages: Wie sollten die Kompetenzen zwischen regionalen und zentralen Institutionen verteilt werden? In diesem Zusammenhang rechnet Gorbatschow mit Jelzin ab. Die Frage, wie sich die Zusammenarbeit zwischen den ehemaligen Sowjetstaaten entwickeln wird, ist die Grundlage für Gorbatschows Konzept für die Zukunft, einem Plädoyer für die Reintegration der Republiken. Die Nachbemerkung, in der Gorbatschow den NATO-Einsatz im Kosovo scharf kritisiert, stößt auf Unverständnis, denn dieser Beitrag ist lediglich ein "persönlicher Kommentar" und steht nicht im Zusammenhang mit dem Thema/Inhalt des Buches. Aus dem Inhalt: Teil I: Ein Fehler der Geschichte, Zufall oder Notwendigkeit?; Wurde in der Sowjetunion der Sozialismus aufgebaut?; Keine Schwarz-Weiß-Malerei!; Eine Bilanz der Sowjetzeit. Teil II: Eine tragische Wende; Tiflis… Baku… Wilna. Der Weg zu einem Unionsvertrag; Das Referendum über die Einhaltung der Union; Der Putsch - ein Dolchstoß - und Jelzins Intrigen; Das Minsker Abkommen: Zerfall der UdSSR; Was vor uns liegt. Nachbemerkung.
KS (KS)
Rubrizierung: 2.62 Empfohlene Zitierweise: KS, Rezension zu: Michail Gorbatschow: Über mein Land. München: 2000, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/11838-ueber-mein-land_14123, veröffentlicht am 01.01.2006. Buch-Nr.: 14123 Rezension drucken