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Heinz Loquai

Der Kosovo-Konflikt - Wege in einen vermeidbaren Krieg. Die Zeit von Ende November 1997 bis März 1999

Baden-Baden: Nomos Verlagsgesellschaft 2000 (Demokratie, Sicherheit, Frieden 129); 183 S.; brosch., 39,- DM; ISBN 3-7890-6681-8
Dieses Buch eines ehemaligen Brigadegenerals der Bundeswehr hat in den vergangenen Monaten zu Recht Aufsehen erregt, da seine Kernthese eine wichtige innenpolitische Legitimationsfigur für die deutsche Beteiligung am Kosovo‑Konflikt grundsätzlich in Frage stellt: Loquai äußert erhebliche Zweifel an der Existenz des sogenannten "Hufeisenplans", also des serbischen Plans zur Vertreibung der kosovo‑albanischen Zivilbevölkerung aus dem Kosovo, der in den Diskussionen der deutschen Öffentlichkeit eine wichtige Grundlage für die Zustimmung zu den NATO‑Luftangriffen bildete. Zwar kann Loquai bedenkenswerte Indizien aufführen und seine Kritik an der bereitwilligen Zustimmung der deutschen Öffentlichkeit zum Kosovo‑Krieg plausibel machen, letztlich legt er aber keine Beweise dafür vor, dass der Plan entgegen den Ausführungen des Bundesverteidigungsministeriums nicht existiert hat, im Gegenteil: Auch er nimmt Bezug auf dessen Existenz, interpretiert seine Bedeutung aber wahrscheinlich zu Recht anders: "Das ganze Geheimnis des Plans ist nicht so sehr sein Inhalt, sondern seine Existenz, d. h. der Nachweis, dass die jugoslawische Führung einen solchen Plan bereits im November 1998 erarbeitete und damit auch zeigte, dass es ihr, während der Westen noch vertrauensvoll an eine friedliche Konfliktlösung glaubte und verhandelte, überhaupt nicht darauf ankam." (143) Die stärkeren Momente von Loquais Buch liegen jedoch in ganz anderen Bereichen. Er bietet einen gelungenen, problemorientierten Überblick über die Vermittlungsversuche der Staatengemeinschaft sowie der internationalen Organisationen und begreift dabei die Verhandlungsstrategien der UCK und der jugoslawischen Führung als das, was sie waren, nämlich als die Fortsetzung des Bürgerkriegs mit anderen Mitteln. Der Autor lässt den Mut zu einem klaren analytischen Urteil insgesamt jedoch vermissen und beschränkt sich darauf, seine Skepsis gegenüber den gängigen Lesarten diplomatischer Verhandlungsrunden und Dokumente des Kosovo‑Krieges zu äußern. Einen umfassenden interpretatorischen Gegenentwurf bleibt er schuldig. Inhaltsübersicht: II. Einige geographische Daten über das Kosovo; III. Entwicklungsstadien des Bürgerkriegs im Kosovo von Ende 1997 bis März 1999; IV. Die Rolle der OSZE; V. Versuche einer politischen Lösung für den Konflikt durch Verhandlungen; VI. Die Rolle der NATO; VII. Debatten und Entscheidungen des Deutschen Bundestages; VIII. Der "Hufeisenplan" ‑ ein Plan der serbisch‑jugoslawischen Führung zur systematischen Vertreibung der kosovo‑albanischen Bevölkerung?
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Rubrizierung: 4.41 | 2.62 Empfohlene Zitierweise: Markus Kaim, Rezension zu: Heinz Loquai: Der Kosovo-Konflikt - Wege in einen vermeidbaren Krieg. Baden-Baden: 2000, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/12578-der-kosovo-konflikt---wege-in-einen-vermeidbaren-krieg_15036, veröffentlicht am 01.01.2006. Buch-Nr.: 15036 Rezension drucken