Geschichtswiss. Magisterarbeit Hamburg; Gutachter: N. Angermann. – „Die russische Revolution“ von Dietrich Geyer, erschienen 1968, „Die Sozialgeschichte der Sowjetunion“ von Richard Lorenz (1976), „Lenin an der Macht“ von Peter Scheibert (1984) und „Der europäische Bürgerkrieg 1917-1945“ von Ernst Nolte (1987) – diese vier Werke namhafter Historiker nimmt die Autorin unter einem ganz spezifischen Blickwinkel unter die Lupe: Ihr geht es nicht nur darum, das Spektrum der unterschiedlichen Ansätze der Geschichtsschreibung über Lenin aufzuzeigen, sondern – lobenswerterweise u. a. auf Interviews gestützt – auch zu belegen, dass sich das gesellschaftliche Klima auf die Tendenzen und Strömungen innerhalb der Geschichtswissenschaften auswirkte. Und so verknüpft sie die Phase des Umbruchs und der Neuorientierung der bundesdeutschen Gesellschaft in den sechziger Jahren mit einer neuen geschichtswissenschaftlichen Sicht, bei der statt Staat und Partei die russische Gesellschaft in den Mittelpunkt rückte. Im Vergleich zur heutigen Leninrezeption (so sie denn stattfindet) habe ein vollkommen anders gearteter Aktualitätsbezug eine Distanz zum Forschungsgegenstand erschwert. Viele der wohlwollenden westlichen Historiker hätten ihren sowjetischen Kollegen nicht auf die Füße treten mögen, so die Autorin. Geyer und Lorenz ordnete sie den Historikern zu, die vom Zeitgeist beeinflusst waren. Scheibert und Nolte gehörten dagegen zur konservativen Richtung, ihre Arbeiten seien im Zusammenhang mit der konservativen Wende in der Bundesrepublik zu lesen. „Beide Pole ließen zum Teil die Objektivität, nach der Historiker eigentlich streben sollten, vermissen.“ (147)