Fast könnte man meinen, Peter Struck war von Anfang an dabei. Das stimmt nicht ganz. Aber als er 1980 zum ersten Mal in den Bundestag gewählt wurde, sah die Bundesrepublik völlig anders aus als im Jahr 2009, als Struck den Bundestag verließ. Dazwischen liegen seine Zeiten als Parlamentarischer Geschäftsführer der SPD-Bundestagsfraktion, als Vorsitzender des Vermittlungsausschusses, als Fraktionsvorsitzender während der ersten Regierung Schröder, als Verteidigungsminister in der zweiten Regierung Schröder und wiederum als Vorsitzender der SPD-Fraktion während der Großen Koalition. Seine Erinnerungen konzentrieren sich auf die Zeit nach 1998, wobei sie der Selbstbeschreibung Strucks als eines Politikers „mit Ecken und Kanten“ durchaus gerecht werden. Struck langweilt nicht mit längeren Zitaten aus Reden, er neigt auch nicht zur Wiedergabe von Gesetzentwürfen. Stattdessen bekommt man einen kurzweiligen und konzentrierten Eindruck davon, wie er die 11 Jahre seit Schröders Machtantritt erlebt hat. Schmutzige Wäsche wird dabei kaum gewaschen, auch harsche Urteile sind Strucks Sache nicht, wobei jederzeit erkennbar ist, wem seine Sympathien gelten und wem nicht. Eine Ausnahme ist Oskar Lafontaine, an dem er kein gutes Haar lässt und dessen Behauptung, 1999 in Fraktion und Regierung gegen den Kosovo-Einsatz der Bundeswehr gestritten zu haben, er „nur noch als widerlich“ (262) bezeichnet. Aufschlussreich sind die Schilderungen zur Großen Koalition, der er ein insgesamt gutes Urteil ausstellt. Den Großteil des Erfolges könne aber die SPD beanspruchen und nicht die Kanzlerin, die ohne eigenen klaren Kurs das Land geführt habe. Kurzum: Strucks Erinnerungen sind schnörkellos geschrieben, sie vermitteln ein anschauliches Bild vom Berliner Betrieb. Sie setzen Schwerpunkte, haben deshalb auch den Mut zur Lücke. Vielleicht entsteht gerade dadurch ein klares Bild der Regierungszeit seit 1998.