Skip to main content
Daron Acemoglu / James A. Robinson

Warum Nationen scheitern. Die Ursprünge von Macht, Wohlstand und Armut. Aus dem Englischen von Bernd Rullkötter

Frankfurt a. M.: S. Fischer 2012; 608 S.; geb., 24,99 €; ISBN 978-3-10-000546-5
Trotz der umfänglichen Literatur zu Aufstieg und Absturz von Gesellschaften interpretieren Daron Acemoglu und James Robinson die Wirtschaftsgeschichte noch einmal neu, denn ihrer Ansicht nach reichen die Theorien zu kulturellen Einflüssen oder geografischen Faktoren nicht aus, um einzelne Entwicklungen zu erklären. Die beiden Ökonomen (MIT und Harvard) stellen die politischen Institutionen in den Mittelpunkt, die wiederum bestimmen, welche wirtschaftlichen Institutionen eine Gesellschaft hat. Unterschieden werden inklusive und extraktive Institutionen. Erstere ermöglichen die Einhaltung von Recht und Ordnung und weisen ein bestimmtes Maß an Zentralisierung und Pluralismus auf. Letztere wirken technischem Fortschritt entgegen und bereichern lediglich eine kleine Machtelite. Wirtschaftliche Institutionen können positive oder negative Verhaltensanreize setzen sowie Innovationen und Fortschritt fördern oder hemmen. Der Machtkampf zwischen Gewinnern und Verlierern entscheidet dann darüber, ob eine Gesellschaft weiter auf dem Entwicklungspfad bleibt oder nicht. Die beiden Autoren haben ihre Thesen bereits vor zehn Jahren im Rahmen einer statistischen Analyse untermauern können, mit diesem häufig erzählerisch geprägten Buch wenden sie sich an ein breites Publikum. Darin variieren sie ihre Grundaussage mit erschlagend vielen Fakten am Beispiel zahlreicher Länder. Acemoglu und Robinson beschreiben dabei sehr gut die Mechanismen, die beispielsweise den enormen Aufstieg der Seemacht des britischen Empires auslösten – oder den Verfall der Maya‑Kultur. Es zeigt sich, dass Institutionen Teil der kulturellen und politischen Entwicklung der Gesellschaften sind. So bleibt auch angesichts der Machtkämpfe stets die Frage: Warum sind in einem Land die Beharrungskräfte, die der Schaffung inklusiver Institutionen entgegenstehen, ausgeprägter als in einem anderen? Zwar sind die Darstellungen von Acemoglu und Robinson sehr plausibel, dennoch scheinen sie nicht die gesamte Wahrheit zu treffen. Ihre Leistung für die Debatte lässt sich gleichwohl kaum hoch genug einschätzen, stößt doch die verbreitete Kultur‑Hypothese auf Sensibilitäten in weniger entwickelten Gesellschaften und wird immer wieder aus ideologischen Gründen missbraucht. Die Autoren liefern demgegenüber einen fundierten Erklärungsansatz, der niemanden verletzt und der Optimismus verbreitet, etwa in Bezug auf den Arabischen Frühling.
Dirk Burmester (DB)
Dr., Politikwissenschaftler, wiss. Angestellter der Freien und Hansestadt Hamburg.
Rubrizierung: 2.2 | 2.21 | 2.22 | 2.23 | 2.24 | 4.1 | 4.44 | 2.6 | 2.61 | 2.63 Empfohlene Zitierweise: Dirk Burmester, Rezension zu: Daron Acemoglu / James A. Robinson: Warum Nationen scheitern. Frankfurt a. M.: 2012, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/14544-warum-nationen-scheitern_43525, veröffentlicht am 08.05.2013. Buch-Nr.: 43525 Inhaltsverzeichnis Rezension drucken