Seit geraumer Zeit, spätestens mit der Herausgabe des Nachlasses und der Publikation seiner gesammelten Werke, erfreut sich der bis dahin nahezu vergessene Ernst Cassirer einer breiter angelegten Rezeption. Dass dies lange Zeit nicht so war, ist umso verwunderlicher, da beispielsweise sein Werk „Substanzbegriff und Funktionsbegriff“ auf Theoretiker von Talcott Parsons bis hin zu Niklas Luhmann bleibenden Einfluss hinterlassen hat. Die Einsicht, dass der 1933 von den Nationalsozialisten vertriebene jüdische Intellektuelle nicht nur als neukantianischer Erkenntnis‑ und Wissenschaftstheoretiker, sondern auch als politischer Denker begriffen werden kann, ist ein Verdienst des Einführungsbändchens von Birgit Recki. Diese Einordnung teilt er im Übrigen mit dem ebenfalls dem Neukantianismus nahestehenden Rechtswissenschaftler Hans Kelsen. Insbesondere im posthum veröffentlichten „Vom Mythus des Staates“ setzt sich Cassirer mit dem totalitären System des Nationalsozialismus auseinander, dessen Etablierung er mit dem Wiederaufleben mythologischer Mächte verknüpft, die in Zeiten der Krise die Vernunft verunsichern und zu überwältigen drohen – ein Aspekt von bleibender Aktualität. Zwar habe er, so Recki, zum Thema Willens‑ und Handlungsfreiheit sowie zur politischen Freiheit keine Monografien hinterlassen, doch sei Cassirers Kulturbegriff im Sinne einer ursprünglichen Tat des Geistes als „Prozeß der fortschreitenden Selbstbefreiung des Menschen“ (77) zu verstehen. Die ansonsten gelungene Einführung leidet an einem mitunter unnötig komplizierten Sprachstil. Zudem finden sich kleinere Schönheitsfehler: Auf den Seiten 25 und 26 befinden sich unter anderem zwei Sätze, die sich Wort für Wort gleichen.