Nicht nur der "normale" Politikwissenschaftler, sondern auch der Ideengeschichtler wird entschuldigt sein, der noch nie von Kyeser und seinem Werk mit dem sperrigen Titel "Bellifortis" gehört hat. Dieser Band versucht dies zu ändern. Kyeser wird 1366 geboren, sein Todesjahr lässt sich nicht feststellen, muss aber nach 1405 liegen. Er ist allem Anschein nach ein gut ausgebildeter Mann, der sich im Kriegshandwerk auskennt und zugleich in die großen politischen Konflikte seiner Zeit eingreift, in den Thronstreit zwischen Sigismund, Wenzel und Rupprecht. Mit Ersterem ist er zunächst verbunden, setzt aber dann nacheinander auf die beiden letztgenannten Thronprätendenten. In diesem Kontext ist auch Bellifortis zu sehen, das im frühen 15. Jahrhundert erscheint. Das Werk ist bis heute nicht vernünftig ediert und übersetzt, und Englmann geht der Überlieferungsgeschichte und den einzelnen noch greifbaren Ausgaben ausführlich nach. Der Inhalt des Buches ist eine eigentümliche Mischung von Fürstenspiegel, allgemeinem politischen Ratgeber, höchst genauem und innovativem militärtechnischen Handbuch - und magischer Beschwörung, denn es wird auch nicht darauf verzichtet, Anweisungen dazu zu geben, wie man die Mächte der guten Magie als christlicher Fürst gegen die Bösen nutzen könne. Dies alles wird von Englmann gut aufbereitet und erläutert, und wenn man über einige technische Unzulänglichkeiten in den Fußnoten und einen manchmal ermüdenden Ankündigungsstil hinwegsieht, dann liegt hier etwas vor, was man nicht von jeder Arbeit sagen kann: ein Buch zu einem wirklich neuen und originellen Thema, das unsere Kenntnis über einen Randbereich politischen Denkens bereichert. Aus dem Inhalt: 1. Das historische Umfeld des Bellifortis; 2. Magie und Geheimwissenschaft an der Schwelle zur Neuzeit; 3. Konrad Kyeser und sein Bellifortis; 4. Politik, Geheimwissenschaft und Magie im Bellifortis; 5. Magie im christlichen politischen Denken und dessen Bedeutung für den Bellifortis.