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Tobias Herbst

Legitimation durch Verfassunggebung. Ein Prinzipienmodell der Legitimität staatlicher und supranationaler Hoheitsgewalt

Baden-Baden: Nomos Verlagsgesellschaft 2003 (Schriftenreihe Europäisches Verfassungsrecht 13); 318 S.; brosch., 59,- €; ISBN 3-8329-0283-X
Rechtswiss. Diss. HU Berlin. - Der Autor unternimmt den verfassungstheoretisch ambitionierten Versuch, einen Ausweg aus der von ihm konstatierten Aporie zu finden, dass die herkömmliche Theorie von der verfassunggebenden Gewalt des Volkes zur Legitimation europäischer Hoheitsgewalt weder auf das Primärrecht noch auf eine künftige Europäische Bundesverfassung angewendet werden könne. Sowohl die bei Carl Schmitt entliehene Theorie der Permanenz der verfassunggebenden Gewalt, als auch die von Kriele und Murswieck vertretene Theorie eines singulären Konstitutionsaktes, nach dem die verfassunggebende Gewalt im Verfassungsstaat zu ruhen habe, seien in ihrer Urheberorientiertheit sowie Reduktion auf binäre Begrifflichkeiten unzulänglich. Alternativ hierzu wird der Versuch unternommen, „sich von der urheberorientierten Betrachtungsweise zu lösen" und danach zu fragen, „zu welchem Zweck Verfassunggebung überhaupt stattfindet" (25). Ausgangspunkt hierfür ist die Tatsache, dass Verfassunggebung eben nicht nur einen einzigen legitimierenden Zweck verfolgt, sondern mehrere und durchaus gegensätzliche. Diese werden vom Verfasser als Legitimitätsprinzipien bezeichnet und zunächst am nationalstaatlichen Beispiel kontrastiv zu klassischen Theorien der Verfassunggebung herausgearbeitet (Teil 1), um sodann auf die Problematik supranationaler Verfassunggebung ausgeweitet zu werden (Teil 2). Letztere wird - unter Zurückweisung herkömmlicher Kritiken - vor allem entlang der herausgearbeiteten Kriterien Freiheitssicherung, kollektive Autonomie und Konsensfähigkeit diskutiert. Dem Verfasser gelingt mit dieser gut strukturierten, sehr dicht und kenntnisreich geschriebenen Arbeit ein verfassungstheoretisch relevanter Beitrag zur Überwindung der nationalstaatlich-souveränitätszentrierten Diskussion der Möglichkeiten von europäischer Verfassunggebung, der auch für Politikwissenschaftler sehr lesenswert ist.
Roland Lhotta (RL)
Prof. Dr., Institut für Politikwissenschaft, Helmut-Schmidt-Universität Hamburg.
Rubrizierung: 3.2 | 5.41 | 2.32 Empfohlene Zitierweise: Roland Lhotta, Rezension zu: Tobias Herbst: Legitimation durch Verfassunggebung. Baden-Baden: 2003, in: Portal für Politikwissenschaft, http://pw-portal.de/rezension/20187-legitimation-durch-verfassunggebung_23515, veröffentlicht am 01.01.2006. Buch-Nr.: 23515 Rezension drucken