Die Entschädigungsunwürdigkeit in der deutschen Kriegsopferversorgung. Mit einem Beitrag zur politiktheoretischen Begründung der Menschenwürde und einer rechtsvergleichenden Untersuchung zum österreichischen Kriegsopferrecht
Politikwiss. Diss. Augsburg; Gutachter: T. Stammen, F. Knöpfle. - Sind auch diejenigen, die beispielsweise als Soldaten der Deutschen Wehrmacht oder als Angehörige der SS-Wachmannschaften einen gesundheitlichen Schaden erlitten haben und damit Kriegsopfer geworden sind, wiedergutmachungs- und entschädigungsberechtigt oder sind sie einer staatlichen Entschädigungsleistung nicht würdig? Kann ihr Anspruch (beziehungsweise der ihrer Angehörigen) ausgeschlossen, verwirkt oder kann er versagt werden? Und wie verhält es sich, wenn die Unwürdigkeit nach jahrzehntelangem Leistungsbezug festgestellt wird? Der Autor untersucht diese Fragen anhand der erst 1997 - nicht zuletzt wegen des massiven außenpolitischen Drucks - in das BVG (Bundesversorgungsgesetz) eingefügten Unwürdigkeitsklausel des § 1a BVG. Danach sind Leistungen an Kriegsopfer für die Zukunft zu entziehen, wenn diese während der Herrschaft des Nationalsozialismus gegen die Grundsätze der Menschlichkeit oder Rechtsstaatlichkeit verstoßen haben. Zurzeit des Inkrafttretens im Januar 1998 lebten von ehemals 4,4 Millionen Berechtigten noch 1 Million; bis September 2001 hat es seitdem gegenüber Beschädigten 86 und (ihren) Hinterbliebenen 37 Entziehungen/Versagungen gegeben, hinzu kommen 248 Fälle laufender Ermittlungen wegen konkreter Verdachtsmomente. Der Untersuchungsgegenstand ist der Besonderheit geschuldet, dass § 1a BVG staatsgestütztes, kollektives Unrecht zugrunde liegt, das von einem Einzelnen während der Zeit des Nationalsozialismus begangen wurde. Das Fallmaterial zeigt die Anwendungsschwierigkeiten im Rahmen eingehender Interessenabwägungen auf.