Lässt sich Solidarität staatlich verordnen? Piazolo, Dozent an der Akademie für Politische Bildung Tutzingen, nimmt sich der Solidarität speziell als Leitprinzip der EU an. Dazu bietet er in dem kürzeren ersten Teil (160 Seiten) einen Überblick über den Begriff in ideengeschichtlicher und rechtlicher Hinsicht. Er thematisiert die katholische Soziallehre, den Marxismus, die Vorstellungen Durkheims und die Kommunitarismus-Liberalismus Debatte. Darauf folgen Einblicke in die internationale und die deutsche Rechtsordnung. Obwohl Solidarität im Grunde eine Angelegenheit der Freiwilligkeit sei, gesteht Piazolo zu, dass sie durch staatliche - allerdings demokratische Normen - „vorgezeichnet“ (201) werden könne. Hinsichtlich der EU sieht er eine enge Verknüpfung mit dem Prinzip der Subsidiarität. Im umfangreicheren zweiten Teil stellt Piazolo zunächst die unterschiedlichen Ausprägungen des Solidaritätsprinzips auf den verschiedenen Ebenen der EU und bei ihren Akteuren dar. Solidarität erscheint ihm danach als „Inbegriff des Weges vom Selbst zur Gemeinschaft und der Orientierung der Gemeinschaft am Interesse des Einzelnen“ (560). Das Prekäre des Prinzips der Solidarität im Gemeinschaftsrecht der EU ist allerdings, dass es weniger bereits gelebte Solidarität auffängt als vielmehr zu schaffen beabsichtigt. Auch wer sich mit Solidarität oder den Leitprinzipien der EU allgemein beschäftigt, wird dieses reichhaltige Werk berücksichtigen wollen.